Stade. Bis zu 20 Meter fehlen an einigen Elbstränden bei Hamburg mittlerweile. An zwei Stellen muss nun neuer Sand aufgespült werden.

Bassenfleth bei Stade, Abbenfleth an der alten Festung Grauerort oder auch die frühere Insel Krautsand: Im Landkreis Stade finden Ausflügler gleich mehrere große Elbstrände vor. Doch in den vergangenen Jahren sind sie nach Sturmfluten immer schmaler geworden.

Daher sollen zumindest in Bassen- und Abbenfleth in diesem Sommer große Sandaufspülungen vorgenommen werden, wie Stades Landrat Kai Seefried jetzt bei einem Informationsgespräch zur Sicherheit der Elbdeiche in seinem Zuständigkeitsbereich mitteilte. Dazu zähle eben auch der Bereich vor den Deichen unmittelbar am großen Fluss. „Es ist extrem wichtig für die Deiche, dort Vorland zu gewinnen“, sagte Seefried.

Bis zu 20 Meter fehlten an beiden Strandabschnitten mittlerweile

Bis zu 20 Meter fehlten an beiden Strandabschnitten mittlerweile vom ursprünglichen Zustand. Teilweise würden bereits in den Wellen erste Weidenbäume wegbrechen, die ebenfalls einen Schutz darstellten. Im Juli und August und damit außerhalb der kritischen Sturmflutsaison werden daher Saugbaggerschiffe unmittelbar vor den Stränden Sand aus dem Elbgrund mit langen Röhren ans Ufer vorspülen, bestätigte auch das Wasser- und Schifffahrtsamt in Cuxhaven.

Die Strände müssten dazu voraussichtlich in dieser Zeit gesperrt werden, weil auch am Ufer mit Fahrzeugen gearbeitet wird. Zuständig dafür ist der Bund, weil er sich 2009 mit den Deichverbänden nach heftigen Diskussionen um die Elbvertiefung vertraglich dazu verpflichtet hatte, das Elb-Vorland zwischen Deich und Fluss zu sichern. „Wir sind es, die immer wieder den Finger heben und darauf drängen“, so Landrat Seefried. Rund 90.000 Kubikmeter Sand werden dabei für Abbenfleth benötigt, sogar 330.000 für Bassenfleth. Eine solche Sandaufspülung sei aber auch für die Elbinsel Krautsand nötig, fordert der Landrat. Dort sei das Vorland an exponierten Stellen nach Messungen des Landkreises von 2003 bis 2021 bereits um 100 Meter schmaler geworden.

Das Phänomen sei nach Einschätzung des Landrats nicht unbedingt neu, aber massiver geworden. „Sog und Wellenschlag hatten wir schon immer, aber die Fließgeschwindigkeit hat sich definitiv erhöht“, so Seefried. Die Folge sei, dass gerade auch schwere Sturmfluten manchmal überraschend schnell auflaufen könnten. Zuletzt habe sich das bei der sehr schweren Sturmflut am 19. Februar gezeigt, berichtete Seefried, der sich seinerzeit am Deich selbst einen Eindruck von der Lage verschafft hatte. Zunächst war ein zwei Meter höheres Hochwasser angesagt worden, eine Vorhersage, die bald schon revidiert werden musste. Zuletzt lag der Pegel 3,55 höher als normal.

Maulwürfe aufgrund des nassen Frühjahrs aktiv im Deichwerk

Auch bei der jüngsten Panne am Lühe-Sperrwerk, das trotz leichter Sturmflut wie berichtet nicht geschlossen wurde, vermutet der Landrat unter anderem einen „Überraschungseffekt“. Gleichwohl sei der Zustand der Deiche im Landkreis Stade gut, sagte der Landrat mit Blick auf die jüngsten Deichschauen.

Rund 107 Kilometer umfasst im Kreis die Deichlinie an den Flüssen Este, Lühe, Schwinge und Oste. Hinzu kommen 76 Kilometer Deich entlang der Elbe. Und dort gab es in diesem Jahr an einigen Stellen und vor allem im Bereich Kehdingen kleine Sorgenstellen, weil dort Maulwürfe ungewöhnlich aktiv gewesen waren und etliche Gänge in das Deichwerk gegraben hatten. Eine Folge des besonders nassen Frühjahrs, vermuten Einige im Landkreis.

Riesiges Deich-Erhöhungsprogramm wie in Hamburg geplant

Aus den feuchten Niederungen versuchen die Tiere dann in höhere Lagen auszuweichen – und das seien dort nun einmal die Deiche. Inzwischen seien die Schäden aber behoben und die Deiche insgesamt in einem „wehrfähigen Zustand“, versicherte der Landrat.

Dennoch lehnen sich die Deichschützer im Landkreis Stade nicht zurück. Wie im benachbarten Hamburg steht dort in den kommenden Jahren ein riesiges Deich-Erhöhungsprogramm an, mit dem auch auf mögliche Folgen des Klimawandels reagiert werden soll. Für die 76 Kilometer entlang der Elbe im Landkreis bedeutet dies, dass in den kommenden Jahren der Deich im Durchschnitt um 1,60 Meter erhöht wird, in Teilbereichen sogar um 2,10 Meter. Wenn ein Deich höher wird, muss er aber auch breiter werden: 2,10 Meter Erhöhung würden dann eine Verbreiterung um 50 Meter bedeuten, sagt Seefried. „Das wird eine richtig große Baumaßnahme.“

Landrat kritisiert fehlende Finanzierungszusagen vom Land

Baubeginn dafür soll im Landkreis Stade dem Landrat zufolge im Bereich Hinterbrack sein, also unmittelbar an der Landesgrenze zu Hamburg bei Cranz. Geplant sei, dass immer an vier unterschiedlichen Abschnitten gleichzeitig gearbeitet werde.

In etwa 30 Jahren soll das komplette Erhöhungsprogramm abgeschlossen sein. Doch Seefried äußerte jetzt die Sorge, dass dieser Zeitraum deutlich länger und damit zu lang werden könnte. „Die Finanzierung ist nicht gesichert“, kritisiert er. Das Land müsse sich da mehr engagieren, Finanzzusagen früher treffen und die ehrenamtlich arbeitenden Deichverbände mit Personal unterstützen. Schon jetzt zeige sich bei Baumaßnahmen am Deich, dass es da Defizite gebe. Wenn eine Zusage zur Finanzierung eingetroffen ist, seien die Zahlen wegen der allgemeinen Baupreisentwicklung oft schon überholt. Seefrieds Bilanz: „Das Geld kommt zu spät und ist zu wenig für diese Aufgabe.“