Lühe. Messgerät des Lühesperrwerks funktionierte, aber Alarm wurde nicht ausgelöst. Politikerin fordert Plan B für solche Fälle
Die Fehlersuche am Lühesperrwerk geht auch am dritten Tag nach den Überflutungen an dem Fluss weiter. Die zuständige Behörde kündigte am Montag an, zur Ursachenforschung in engem Kontakt mit der Wasserschutzpolizei, mit dem Hersteller der zum Einsatz kommenden Mess- und Meldeanlage sowie mit den Telekommunikationsanbietern zu stehen.
„Wir werden den Umständen, die zu diesem Vorfall geführt haben, genau auf den Grund gehen und dabei die Schutzvorrichtungen und Abläufe rund um den Betrieb der Anlage intensiv durchleuchten“, verspricht Birgit Baumann von der Betriebsstelle Stade des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN). „Ein solcher Ausfall darf sich nicht wiederholen – der Schutz der Menschen und ihres Eigentums hat höchste Priorität.“
Ist das Sperrwerk nicht besetzt, greift technisches Alarmsystem
In der Nacht zu Sonnabend waren die Sperrwerkstore trotz eines leichten Hochwassers und starken Winds nicht geschlossen worden. Wie berichtet, drückte das Elbwasser in den Fluss und sorgte für voll gelaufene Keller in den anliegenden Gemeinden Lühe und Jork. Genau bei solchen Wetterlagen soll das Sperrwerk die tiefer liegenden Gebäude mit seinen beiden Doppel-Stemmtorpaaren schützen.
Gesteuert werden die Tore vom Lühesperrwerk, direkt an der Elbmündung. Dafür gibt es einen Sperrwerkswart und zwei Stellvertreter, die während der regulären Dienstzeit für die tägliche Kontrolle der Technik, Unterhaltungsarbeiten wie das Abschmieren aller bewegten Teile oder das Licht an den Schifffahrtsignalanlagen verantwortlich sind. In den Sommermonaten steuern sie zu vorher festgelegten Zeiten die Klappbrücke. Außerdem schließen sie wasserstandsabhängig ein oder sogar beide Tore.
Dabei müssen die Mitarbeiter des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) nicht nur die Pegelstände der Elbe im Auge behalten, sondern auch mögliche Starkregenereignisse berücksichtigen. Steigt durch lang anhaltende Regenfälle, wie beispielsweise in diesem Frühjahr der Wasserstand in der Aue bei Harsefeld an, fließt das Wasser über die Aue in die Lühe und muss in die Elbe gelassen werden. Das Wechselspiel zwischen geöffneten und geschlossenen Toren passiert bis zu 190 Mal im Jahr.
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Die Sperrwerkswarte wohnen in der direkten Umgebung zu ihrem Arbeitsplatz und sind abwechselnd in einer 24-Stunden-Rufbereitschaft, um zum Beispiel die Tore bei Sturmfluten jederzeit schließen zu können. Ist das Sperrwerk nicht besetzt, verlässt sich die zuständige Behörde auf ein technisches Alarmsystem. Doch genau dieses versagte in dieser Nacht.
System funktioniert mit Pegelstandsmesser in Lühemündung
Das System funktioniert mit einem Pegelstandsmesser, der in der Lühemündung verbaut ist. Steigt der Wasserstand über einen vorher festgelegten Wert, sendet dieser ein Signal an einen Server im Sperrwerk. In diesem technischen System ist die Handynummer des Sperrwerkswartes in Bereitschaft eingetragen und wird automatisch angerufen. Als Sicherheit sind weitere Nummern hinterlegt, die nacheinander angerufen werden, wenn beim ersten Handy niemand abnimmt.
Während das Messgerät nach ersten Untersuchungen einwandfrei funktionierte, wurde der Alarm nicht an das Handy gesendet. Der Bereitschaftsdienst wusste also nichts über den ansteigenden Pegelstand und wurde erst durch den Anruf eines Anwohners geweckt. Daraufhin schloss er innerhalb weniger Minuten ein Tor. Die genaue Ursache für die nicht erfolgte Weiterleitung ermittelt nun das NLWKN zusammen mit dem Hersteller der Technik. Die Alarmierungskette hätte seit einer Modernisierung und Umstellung der Anlage von analoger auf digitale Technik vor elf Jahren ohne Probleme funktioniert.
Harburger Grünen-Politikerin verweist auf ähnlichen Fall an der Este
Anlässlich des Vorfalls an der Lühe fordert die Harburger Grünen-Politikerin Gudrun Schittek auch die Prüfung von Meldeketten und Hochwasserprognosen bezüglich des Estesperrwerks. In einer Mitteilung macht sie auf einen Vorfall im am 19. Februar dieses Jahres aufmerksam, als auch hier die Tore so spät geschlossen worden sein, so dass Grundstücke an der Este wesentlich höher als üblich und zusätzlich eine Obstanbaufläche überflutet worden wären. Sie fordert Aufklärung und einen Plan B für solche Fälle, also eine Notschließung beispielsweise durch die Feuerwehr.
Das NLWKN verweist dagegen auf eine Vorgabe nach der der Einsatz eines den Schließvorgang begleitenden Sperrwerkswärters zwingend erforderlich ist.