Jork/Lühe. Verbot für große Projekte wie Windkraftanlagen oder Autobahnen sind vorgesehen. Altländer planen zudem neue Welterbe-Bewerbung

Niedersachsen will die Kulturlandschaft des Alten Landes unter einen besonderen Schutz stellen. So soll der niedersächsische Teil dieses traditionsreichen Obstanbaugebiets im neuen Landes-Raumordnungsprogramm künftig als „Vorranggebiet kulturelles Sachgut“ festgelegt werden.

Das kulturelle Erbe dieses historischen Landstrichs an der Elbe werde somit jetzt „planerisch“ abgesichert, sagte eine Sprecherin des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums auf Abendblatt-Anfrage.

Was Landschaftsbild stört, wäre verboten

Konkret bedeutet dies, dass große „raumbedeutsame“ Vorhaben im Alten Land künftig nicht mehr genehmigt werden, wenn sie das typische Landschaftsbild stören könnten. Autobahnen, große Stromtrassen oder auch Industriegebiete könnten dazu zählen. Das Ministerium nennt als Beispiel auch „Windenergieanlagen heutiger Größe“, die absehbar in dem Vorranggebiet nicht zulässig wären. Allerdings gelte dies auch nur innerhalb der Grenzen eines Vorranggebiets. Die schon vorhandene Autobahntrasse der A26 liegt beispielsweise schon außerhalb.

Der neue künftige Schutzstatus des Alten Landes bedeutet aber nicht, dass dort generell keine weiteren baulichen Entwicklungen mehr möglich sind. Neue Wohn- und Gewerbegebiet seien daher pauschal nicht ausgeschlossen, zumal wenn sie gut in das Gebiet eingepasst sind, so die Sprecherin. Hintergrund der neuen Landesplanung ist die von den Gemeinden Jork und Lühe getragene Bewerbung des Alten Landes als Unesco-Weltkulturerbe.

Unesco-Weltkulturerbe: Bewerbung im Herbst gescheitert

Die war im Herbst 2021 zwar quasi in der Vorrunde zunächst gescheitert, weil das niedersächsische Kultusministerium nach einer Jury-Entscheidung für die aktuelle Bewerbungsrunde zwei andere Orte auf die Vorschlagsliste des Landes gesetzt hatte. Gleichwohl gilt das Alte Land weiter als möglicher Kandidat dafür.

Der Bürgermeister von Hollern-Twielenfelth Timo Gerke.
Der Bürgermeister von Hollern-Twielenfelth Timo Gerke. © AT | Ha

Durch die Bewerbung sei man in Hannover offensichtlich auf die Einzigartigkeiten des Alten Landes noch einmal aufmerksam geworden, sagen die beiden Bürgermeister Matthias Riel (Jork) und Timo Gerke (Lühe) unisono in einer ersten Bewertung. Riel bezeichnete die geplante Ausweisung als Vorranggebiet dann auch als „Zwischenschritt“ für eine neue Bewerbung zum Weltkulturerbe-Status, von dem man sich Vorteile für Tourismus und Obstbau verspricht. „Wir machen weiter“, so Riel, der die neue Landesplanung als Erfolg wertet.

Tatsächlich hatte die Gemeinde Jork bereits im Frühjahr in einer Stellungnahme zur geplanten Änderung des Landes-Raumordnungsprogramms darauf gedrängt, dass das Alte Land ein solches Vorranggebiet wird. Ebenso wie beispielsweise die Rundlingslandschaft bei Lüchow, die Schwebefähre an der Oste oder auch die Altstadt von Goslar. „Es ist das, was wir wollen“, sagt Bürgermeister Riel. Eine Eigenentwicklung der Orte sei damit weiter möglich, der Schutz sei aber gleichzeitig eine deutliche Bestätigung für eine neue Bewertung als Weltkulturerbe. „Jetzt erst recht“, bekräftigt auch sein Kollege aus Lühe, Timo Gerke, dass die beiden Gemeinden weiter auch diesen Unesco-Titel für ihre Region anstreben wollen. „Kurz ausgebremst und jetzt mit noch mehr Schub weiter nach vorn“, sagt der Lüher Bürgermeister.

Gespräch über gescheiterte Bewerbung mit Landesregierung

Mit Verantwortlichen der Landesregierung gab es zu einer neuen Welterbe-Bewerbung des Alten Landes bereits in dieser Woche ein erstes Sondierungsgespräch vor Ort. Die für den Welterbe-Prozess zuständige Referatsleiterin sprach dabei mit den beiden Bürgermeistern und den Stader Landrat Kai Seefried über Hintergründe zur negativen Entscheidung vom Herbst.

Aber man habe auch „erste Strategien“ für zukünftige Perspektiven erörtert, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von Landrat und Bürgermeistern zu dem Besuch. Zentrales Element für eine neue Welterbe-Bewerbung werde dabei die Weiterentwicklung der „Hollerroute“ sein, die durchs Alte Land führt und an vielen Stellen an die ursprünglich holländische Besiedelung erinnert.

Die Holler-Landschaft:

  • Deiche, Fleete, Siele, Schleusen, Brücken und die typischen Marschhufendörfer mit ihren Fachwerkhäusern und langen Obstbau-Parzellen: das gehört zum typischen Landschaftsbild des Altes Land.
  • Es wird auch als Holler-Landschaft bezeichnet, weil holländische Siedler im frühen 12. Jahrhundert hier begonnen hatten, in mühevoller Arbeit einen Sumpf in ein fruchtbares Marschland zu verwandeln. Sie bauten die Deiche und Entwässerungssysteme und bekamen vom Bremer Erzbischof dafür das Land.
  • Dieses holländische Erbe aus dem Mittelalter prägt das Alte Land noch immer und ist Kern der Bewerbung zum Weltkulturerbe.