Lüneburg. Vom Rathaus bis zum Alten Kran: Benjamin Albrecht errichtet historische Häuser aus seiner Lüneburg im Kleinformat.

Der Blick an dem markanten Eckhaus vorbei fällt direkt auf Lüneburgs historisches Rathaus. Davor der Marktplatz mit einem Imbisswagen, bunte Fahrräder parken am Rand, einige Bäume säumen den Platz. Mit viel Liebe zum Detail hat Benjamin Albrecht den zentralen Platz in seiner Heimatstand nachgebaut – aus Legosteinen.

Das Spielzeug dient dem hauptberuflichen Web-Designer als Material für seine Modelle, die er zwischen Kunst und Konstruktion ansiedelt. Jetzt sind zwölf seiner Werke, die verschiedene Gebäude in der Stadt darstellen, im Museum Lüneburg zu sehen.

Lüneburg aus Legosteinen:

Über fünf Räume verteilt haben die Kuratoren die Miniaturen thematisch passend in die Dauerausstellung integriert. So steht der bekannte Alte Kran – in Originalgröße am Stintmarkt zu sehen – in der Abteilung rund um die Handelsgeschichte der Hansestadt.

Benjamin Albrecht zeigt den Alten Kran, das neueste Bauwerk in der Ausstellung.
Benjamin Albrecht zeigt den Alten Kran, das neueste Bauwerk in der Ausstellung. © Museumsstiftung Lueneburg | Museumsstiftung Lüneburg

Die sogenannte Cramm-Villa – 46 Zentimeter breit und 39 Zentimeter hoch – ist in der Abteilung über die Eiszeit und Bodenverwerfungen zu finden. Das Vorbild mit der eindrucksvollen Fassade steht an der Straße Neue Sülze. „Es ist das einzige Haus aus einer Reihe von historischen Gebäuden, das noch stehen geblieben ist. Gleich daneben beginnt das Senkungsgebiet“, sagt Benjamin Albrecht. Die Abbruchkante ist ein riskantes Terrain für Gebäude, dort mussten bereits einige Häuser abgerissen werden.

Auch die Sparkasse ist mit ihrer Stammfiliale An der Münze in der Ausstellung vertreten, zudem das sogenannte Zigarrenladen-Trio An den Brodbänken, die Parfümerie am Marktplatz, das Zeitungsgebäude Am Sande und eine Zahnarztpraxis in der Altstadt. Die Modelle bestehen aus zahlreichen Einzelteilen, besonders aufwendig war der Bau des Alten Krans. Dafür setzte Benjamin Albrecht knapp 5000 Legosteine aufeinander. Das kleinste Modell in der Ausstellung ist das Glückauf-Häuschen der Saline, das nahe dem Edeka-Supermarkt steht. Es besteht aus 770 Steinen.

Modelle am Rechner in 3D entworfen

Bevor der Legokünstler die Häuser nachbaut, entwirft er seine Modelle mit Hilfe eines speziellen 3-D-Programms für Lego. Zuvor beschäftigt er sich intensiv mit dem Originalhaus, macht Fotos und vermisst es mit einem Lasermessgerät. Auf diese Weise sind bereits Vorlagen für mehr als 30 Gebäude entstanden.

Die Umsetzung ist allerdings immer auch von der Finanzierung abhängig. Denn für die Backsteinhäuser sucht er sich Legosteine bei Händlern in verschiedenen Ländern zusammen – die für die Altstadtfassaden viel benötigten roten und blauen Steine sind besonders schwer zu finden. Neue Ideen kommen Benjamin Albrecht oft bei Spaziergängen durch seine Stadt. „Ich bin unglaublich begeistert, was für eine reichhaltige Stadtkulisse wir haben und wie viele Details man immer noch entdecken kann.“

Das Häusertrio an den Brodbänken ist ein markanter Punkt in der Innenstadt und nun auch aus Lego gebaut.
Das Häusertrio an den Brodbänken ist ein markanter Punkt in der Innenstadt und nun auch aus Lego gebaut. © Benjamin Albrecht | Benjamin Albrecht

Lego: Alle Modelle können zur Miniaturstadt werden

Alle Modelle sind im gleichen Maßstab und in modularer Bauweise gefertigt, sodass sie erweitert werden und sich irgendwann einmal zu einer Miniaturstadt zusammenfügen können. Den Alten Kran hat Benjamin Albrecht schon mit einer entsprechenden Bodenplatte ausgestattet, die Raum für Erweiterungen bietet. Sein Wunsch: „Irgendwann wird es den ganzen Stint geben.“

Seine Sammlung will er zudem um Häuser erweitern, die es nicht mehr gibt – wie die Alte Synagoge am Schifferwall und die frühere Kaiserliche Post von 1880, die in einem Eckhaus am Marienplatz beheimatet war. Um sich ein genaues Bild von den historischen Häusern zu machen, recherchiert Benjamin Albrecht zunächst im Internet nach alten Bildern und Beschreibungen. „Auch Stadt­chronisten, das Stadtarchiv und das Museum haben mit weitergeholfen.“

Auch Stolpersteine werden sich in Modellen wiederfinden

Eine weitere Idee, die er in seinen künftigen Modellen umsetzen will, betrifft die Stolpersteine in der Stadt. Die kleinen Gedenksteine, die an Opfer der NS-Diktatur erinnern, sind üblicherweise in das Pflaster vor den ehemaligen Wohnhäusern der Getöteten eingelassen. In Zukunft sollen die Lüneburger Stolpersteine auch in den Lego-Modellen wiederzufinden sein. Die ersten hat er in die digitalen Dateien des Amts­gerichts und des Marktcafés integriert.

Seine Arbeiten hätten normalerweise keinen politischen Bezug, meint Benjamin Albrecht. Mit den Stolpersteinen soll sich dies ein klein wenig ändern. „Das ist das Mindeste, was ich tun kann.“ Für die messingfarbenen Steine setzt er einzelne flache Legosteine in die Bodenplatte ein. Allerdings keine mit glatter Oberfläche, sondern mit Noppen, betont der Konstrukteur. „Man soll ja darüber stolpern.“

„Lego in Lüneburg“ ist bis zum 16. Januar zu sehen. Benjamin Albrecht führt am 9. Januar bei der „Sonntags­geschichte“ durch seine Ausstellung. Weitere Informationen gibt es im Internet auf den Seiten www.albrick.de und www.museumlueneburg.de.