Hamburg. Staatsschutz dursucht elterliche Wohnung des Jugendlichen. Ermittlungen unter Anfangsverdacht der Volksverhetzung laufen.
So jung und schon voller Hass: Weil er Bilder und Kommentare mit rechtsextremistischen Inhalten in einem sozialen Netzwerk veröffentlicht haben soll, hat der Staatsschutz der Hamburger Polizei am Dienstag die elterliche Wohnung eines 15 Jahre alten Jungen aus Bergedorf durchsucht. Nach Abendblatt-Informationen sicherten die Ermittler Beweismaterial, unter anderem Datenträger.
Die Ermittlungen gegen den 15-Jährigen laufen unter dem Anfangsverdacht der Volksverhetzung. Auf Anfrage äußerte sich die Hamburger Staatsanwaltschaft aus „Persönlichkeitsschutzgründen“ nicht weiter zu dem Fall – und verwies auf das junge Alter des Verdächtigen, der noch nicht lange der Strafunmündigkeit entwachsen sei.
Auschwitz: Hamburger Jugendlicher baut KZ mit Lego nach
Nach Abendblatt-Informationen soll der Jugendliche am Computer aus virtuellen Legosteinen Teile des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau nachgebaut und das Arrangement aus bunten Steinchen im Internet veröffentlicht haben. In dem Vernichtungslager ermordeten die Nazis zwischen 1940 und 1945 rund 1,1 Millionen Menschen. Es war das Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz (LfV), das dem Treiben des 15-Jährigen zunächst auf die Spur kam.
„Die Person und ihre Aktivitäten in sozialen Netzwerken ist unserer Spezial-Interneteinheit Rechtsextremismus ins Netz gegangen“, sagte Behördensprecher Marco Haase. Die erst vor zwei Jahren gegründete Einheit durchforstet das Internet systematisch nach rechtsextremistischen Inhalten.
Bergedorfer teilte Lego-KZ in sozialen Medien
Grund: Soziale Netzwerke bieten Extremisten nicht nur einen Rückzugsort – sogenannte Echokammern können auch die Radikalisierung von Menschen beschleunigen, wie die Anschläge von Halle und Hanau zeigen. Vor diesem Hintergrund hatte der Senat eine personelle Verstärkung des Verfassungsschutzes im Bereich Rechtsextremismus umgesetzt.
Weil die Ermittler im Fall des 15-Jährigen gleich den Verdacht einer Straftat hegten, gaben sie die Informationen in Form eines „Behördenzeugnisses“ an die Polizei weiter. Zwar unterliegen beide Behörden dem Trennungsgebot, dürfen also Informationen nicht uneingeschränkt austauschen. Anders verhält es sich aber, wenn der Verfassungsschutz Hinweise auf eine (schwere) Straftat hat. „Dieser Sachverhalt ist ein erneuter Beweis für die gute Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden“, so Haase weiter.
Volksverhetzung: Tat des Jugendlichen zählt zu Hasskriminalität
Die mutmaßliche Tat des verdächtigen 15-Jährigen dürfte dem Phänomenbereich der Hasskriminalität zuzurechnen sein. Allein 2020 erfassten die Behörden in Hamburg, vorwiegend im Internet, rund 80 Verdachtsfälle von Volksverhetzung – fast 20 Prozent mehr als 2019. In Hamburg rechnete der Verfassungsschutz der rechtsextremistischen Szene im Vorjahr 380 Anhänger zu, 50 mehr als noch 2019. 120 dieser 380 Rechtsextremisten stuft das LfV Hamburg als gewaltorientiert ein.