Lüneburg. Benjamin Albrecht baut aus Lego jahrhundertealte Häuser nach. Seine 3-D-Entwürfe gibt es als Kalender.
Der Alte Kran am Stint, das Rathaus, der Wasserturm, Wohnhäuser aus den kopfsteingepflasterten Altstadtgassen – Stein auf Stein entstehen unter den Händen von Benjamin Albrecht Lego-Modelle von jahrhundertealten Lüneburger Backsteinhäusern. Zahlreiche Bauten hat er bereits virtuell mit einem speziellen 3-D-Programm entstehen lassen, einige seiner Entwürfe gibt es als physische Modelle zum Anfassen.
Die Leidenschaft begann vor sieben Jahren
Seit sieben Jahren baut der gebürtige Lüneburger Häuser aus seiner Heimatstadt nach. „Ich bekam einen Anruf von meinen Eltern, die endlich die Legokisten aus meiner Kindheit loswerden wollten“, sagt Benjamin Albrecht. Zunächst widerwillig habe er sie angenommen. „Am Anfang war das für mich noch kein Baumedium, sondern nur altes Spielzeug. Aber dann hat es mich nicht mehr losgelassen.“
Inspiration direkt vor der Haustür
Inspiration für seine Entwürfe findet der 42-Jährige direkt vor der Haustür. Eines seiner ersten Projekte war das Haus, in dem er selbst wohnt: ein 400 Jahre altes Lagerhaus in der Altstadt. Heute muss er darüber lachen. „Das ist natürlich schief und krumm. Als blutiger Anfänger hatte ich mir damit ganz schön was vorgenommen.“ Aber schon kurz danach wagte er sich an den Kran am Stintmarkt, der – komplett rund – ebenfalls kein einfaches Projekt war. Zudem er ihn in einer winterlichen Ansicht gebaut hat, mit zahlreichen Schneeflocken auf dem Turm und den herunterhängenden Zweigen der Trauerweide daneben. Der echte Baum musste im vergangenen Jahr gefällt werden, sein Lego-Pendant hat wohl noch viele Jahre vor sich.
Gebäude werden mit Lasergerät vermessen
Bis ein Modell aus echten Steinen nachgebaut ist, sind viele Schritte notwendig. Zuerst beschäftigt sich Benjamin Albrecht intensiv mit dem Originalhaus, macht Fotos und vermisst es mit einem Lasermessgerät. Dann nutzt der Webdesigner ein spezielles 3-D-Programm für Lego, dass genau ausrechnet, welche Steine für einen detailgetreuen Nachbau notwendig sind. So besteht der Alte Kran auf einer rund einen Meter langen Kaimauer aus knapp 5000 Teilen, für den 1,40 Meter hohen Lüneburger Wasserturm waren 21.000 Steine notwendig.
Auf der Liste stehen häufig seltene Steine, so werden auch mal Taucherflossen oder Rollschuhe für Dachziegeln oder Vorsprünge genutzt. Erschwerend kommt hinzu, dass für die Backsteinbauten besondere Farben benötigt werden. Dunkelrot und dunkelblau gehören allerdings nicht zu den klassischen Steinen, die es zuhauf zu kaufen gibt.
Die Steine kauft Albrecht im Internet
„Leider ist der Einkauf deshalb sehr aufwendig“, sagt der Tüftler, der sich die Steine bei eBay zusammensucht. „Manchmal bringt mir der Postbote sieben Steine aus Norwegen, hundert aus den USA und weitere aus ganz Deutschland.“ Das schlägt sich auch auf die Kosten nieder, die er im Voraus nie genau benennen kann. Ein solches Modell sei auf jeden Fall nicht billig, sagt Benjamin Albrecht, der seine Modelle als Mischung aus Kunst und Konstruktion bezeichnet. „Aber es ist etwas Besonderes.“
Die Modelle entstehen in seiner Wohnung. Dort stehe aber keinesfalls überall Lego rum, betont Benjamin Albrecht, höchstens mal ein paar Schraubensortierkästen mit Kleinteilen. „Ich mache ja viel am Rechner. Das meiste, was ich zum Bauen brauche, habe ich mit einigen Tricks gut versteckt. Und irgendwann habe ich vielleicht auch eine Werkstatt oder ein Atelier für die Projekte.“
Lüneburger Museum zeigt einige Modelle
Im kommenden Jahr werden einige seiner Gebäude in einer Ausstellung im Museum Lüneburg gezeigt. Das multimediale Konzept rund um die Lego-Modelle wird zurzeit entwickelt. Schon jetzt sind einige Bauten öffentlich zu sehen, zum Beispiel im alten Zigarrenhaus nahe dem Rathaus. An der Straße An den Brodbänken ist noch bis Ende des Jahres ein Pop-up-Store mit regionalen Produkten beheimatet, im Schaufenster steht eine Lego-Miniatur des Gebäudeensembles. Wer genau hinsehe, verrät Benjamin Albrecht, könne in dem Modell auch ein weiteres, noch kleineres Modell erkennen.
Benjamin Albrecht baut nicht ausschließlich Lüneburger Häuser, er nimmt auch Aufträge an. So hat er für Hamburger Unternehmen Modelle ihrer Firmengebäude entworfen. In den vergangenen Monaten hatte der Webdesigner ungewöhnlich viel Zeit für seine Lego-Projekte. Denn er ist außerdem Musiker, spielt Keyboard in verschiedenen Popbands. Das war in den vergangenen Monaten jedoch kaum möglich. Stattdessen hat er seinen zweijährigen Neffen für Lego begeistern können. Per Videokonferenz bauen sie nun manchmal zusammen ein neues Legomodell.
Kalender mit 3-D-Entwürfen
Außerdem ist ein Kalender entstanden, der zwölf seiner dreidimensionalen Lüneburg-Entwürfe zeigt. Auch nach Bauanleitungen werde er immer wieder gefragt, sagt Benjamin Albrecht. Das habe er bisher zeitlich nicht geschafft, werde es aber irgendwann auch anbieten. Er ist glücklich, dass sein Hobby sich langsam zu einem Teilzeitjob entwickelt. „Jetzt habe ich drei Traumberufe.“
Die Ideen für neue Modelle gehen Benjamin Albrecht noch lange nicht aus. „Ich laufe schon wie ein Tourist oder ein Hobby-Architekt durch die Straßen. Es gibt so viele interessante Häuser, aus der Fülle suche ich mir schließlich die Perlen raus, die mich reizen“, sagt er. Sein Traum ist es, tatsächlich ganz Lüneburg in Lego-Miniatur nachzubauen. Aber bis dahin sind noch viele Steine aufeinander zu setzen.