Nindorf/Rosengarten. Wildpark Lüneburger Heide plant neuen Aussichtsturm mit Blick bis nach Hamburg. Bei der Konkurrenz ist man wenig begeistert.
Der Wildpark Lüneburger Heide will hoch hinaus: In Hanstedt-Nindorf soll eine neue Natur- und Erlebnis-Einrichtung entstehen. Norbert und Alexander Tietz, Geschäftsführer der Wildpark Lüneburger Heide KG und deren neu gegründete Gesellschaft „Weitblick Projektrealisierung“ arbeiten an der Entwicklung eines Baumwipfelpfades, der in seiner Form in der Metropolregion einzigartig sein soll. Die Baukosten des Projekts werden mit fünf Millionen Euro beziffert, Eröffnung ist für das Frühjahr 2019 geplant.
Höhepunkt des 800 Meter langen Bauwerks soll ein 40 Meter hoher, barrierefreier Aussichtsturm sein, der eine „einzigartige Fernsicht bis ins 35 Kilometer entfernte Hamburg ermöglicht“, heißt es. Im Unterschied zu dem vor wenigen Wochen vollständig restaurierten Elbblick-Aussichtsturm im Wildpark Schwarze Berge wird der Turm in der Lüneburger Heide barrierefrei sein. „Mit einem Aufzug werden auch Rollstuhlfahrer, Besucher mit Kinderwagen und Menschen mit Handicap die Aussichtsplattform erreichen und den Blick genießen können“, schwärmt Juniorchef Alexander Tietz. Wer gut zu Fuß ist, kann die Aussichtsplattform über einen auf Stahlstreben ruhenden Pfad erklimmen – mit einer leichten Steigung von 5,9 Prozent.
Herzstück des Projekts ist ein Baumwipfelpfad
Herzstück des Projekts werde ein naturpädagogischer Baumwipfelpfad sein, der den Besuchern die „heimische Flora und Fauna näher bringen“ und den Natur- und Umweltschutz thematisieren soll. So könnten etwa Schulklassen und andere Gruppen unter pädagogischer Anleitung über den Pfad geführt und die Bäume „von allen Seiten und von allen Ebenen aus betrachten, bis über die Wipfel“, sagt der Geschäftsführer.
In allen politischen Gremien auf Gemeinde- Landkreis und Landesebene und den Umweltbehörden stoße der Baumwipfelpfad „durchweg auf breite Zustimmung“, betonen die Geschäftsführer. Rainer Rempe, Landrat des Landkreises Harburg, hebt die Leuchtturm-Funktion des Projektes für die Naturparkregion hervor. Er begrüßt „den Beitrag zur Bewahrung und zum Schutz der Natur und Förderung des Natur- und Kulturerbes“.
Blick auch auf das Lüneburger Wolfsrudel
Norbert und Alexander Tietz befassen sich schon seit Längerem intensiv mit der Idee des Projekts. Dazu haben sie zahlreiche Baumwipfelpfade in ganz Deutschland besucht. „Bei jedem der Pfade stellte sich dieses ‚Aha-Erlebnis’ ein, das man hat, wenn man über alle Etappen des Baumwachstums bis in die Baumspitzen nach oben steigt und dann schließlich diesen atemberaubenden Weitblick hat“, sagt der Juniorchef. „Die Beschäftigung mit dem Thema Natur und deren Erhalt hat unseren eigenen Horizont erweitert und uns schließlich davon überzeugt, so etwas am Wildpark zu etablieren“, ergänzt sein Vater. Ihnen sei daran gelegen, so wenig wie möglich in die Natur einzugreifen und den Pfad in die Landschaft und den Mischwald zu integrieren, der vorwiegend aus Kiefern, Buchen und Fichten besteht.
Vom Aussichtsturm Richtung Süden sollen Besucher einen weiten Blick auf den Ahrwald mit seinem Buchenmischbestand genießen können. „Ein weiterer Höhepunkt wird der Blick aus der Vogelperspektive auf unser Wolfsrudel sein. Denn der Baumwipfelpfad wird direkt an den Wolfsgehegen entlang führen“, sagt Alexander Tietz.
Wildpark Schwarze Berge spricht von "Nachahmern"
Die Fläche des vom Winsener Architekten Jörg Kröger geplanten Baumwipfelpfades beträgt fünf Hektar. Sie liegt auf dem Wildpark-Areal und wurde vor zwölf Jahren aus dem Landschaftsschutz entlassen. Zusätzlich sollen 350 neue Parkplätze entstehen. „Die Planungen sind soweit fortgeschritten, dass mit dem Bau begonnen werden kann, sobald alle nötigen Anträge von Seiten der zuständigen Behörden genehmigt worden sind“, sagt Norbert Tietz. Er rechnet mit einem halben Jahr Bauzeit. Der Baumwipfelpfad soll ganzjährig geöffnet sein und werde an die jeweiligen Wildpark-Öffnungszeiten gekoppelt.
Im Wildpark Schwarze Berge werden die Aktivitäten des Wildparks Lüneburger Heide indes mit einem Schuss Argwohn betrachtet. Insbesondere der Turmbau stößt auf Unverständnis. „Als gut erzogener Mensch hätte ich es nicht gemacht“, sagte Schwarze-Berge-Chef Arne Vaubel dem Abendblatt, als er gestern erstmals vom geplanten Turmbau hörte. „Wenn das der Weg ist, Zulauf zu bekommen, bitteschön. Offensichtlich haben es die Tiger nicht gebracht.“ Andererseits sei es „ein Kompliment in unsere Richtung“. wenn sie „unseren Turm nachahmen“ wollen. „Wir selbst hatten die Idee, den Elbblick-Turm durch einen Baumwipfelpfad mit Hängebrücke zu ergänzen. Ob es jetzt noch dazu kommt, wird sich zeigen.“
Dass der Wildpark Lüneburger Heide mit dem spektakulären Aussichtsturm in direkte Konkurrenz zum Wildpark Schwarze Berge tritt, will Alexander Tietz so nicht gelten lassen. „Kernthema ist bei uns der Baumwipfelpfad mit einem naturnahen und pädagogischen Ansatz. Der Turm ist nur ein Teil des Ganzen. Unser Baumwipfelpfad ist in seiner Form in der Metropolregion und im Norden einzigartig.“