Hamburg/Itzehoe. Das Training des eigenen Hundes in fremde Hände zu geben, ist gar nicht so ungewöhnlich. Was die Tiere im Internat lernen können.

Nachsitzen und Klassenarbeiten gibt es nicht, dafür Familienanschluss, viel Liebe und tägliches Training: Auch Hunde gehen manchmal ins Internat. Dort bringen die Trainer ihnen das Hunde-Einmaleins bei oder bilden sie gleich beruflich für Spezialeinsätze aus. Wer das möchte, für den kann es Sinn machen, den Liebling für eine Zeit ins Hundeinternat zu schicken.

Hunde von Fremden trainieren zu lassen, ist nicht ungewöhnlich

Ein halbes Jahr lang schickte so auch Sandra Michel aus Winterhude ihren Pudelpointer Hummel zur Ausbildung ins niedersächsische Emsland zu Jan Held. Der Jäger und Hundezüchter machte aus dem Rüden einen ordentlichen Jagdhund. Gerade hat Hummel die Prüfungen bestanden. Mit Auszeichnung. Das Training des eigenen Hundes in fremde Hände zu geben, ist gar nicht so ungewöhnlich – und auch im Norden möglich.

In Itzehoe betreibt Hundetrainerin Schirin Knoblauch neben ihrer Arbeit in Einzel- und Gruppenkursen auch ein Internat. Sie nimmt jeweils nur einen Hund in ihrer Familie auf und bringt ihm richtige Manieren bei – heißt vor allem: Grundgehorsam.

Die Menschen, die sich an sie wenden, haben die Erziehung in den ersten Lebensmonaten meist vernachlässigt, aus unterschiedlichen Gründen. Weil sie nicht den richtigen Trainer gefunden haben, weil sie es nicht wichtig nahmen oder nicht richtig angegangen sind.

Hunde in der Pubertät: Manche lassen dann gern den Profi ran

„Mein typischer Kunde ist der Rüde und zwölf Monate alt. Im besten Pubertätsalter also“, sagt Schirin Knoblauch. Denn spätestens dann merken die meisten, dass es ohne Erziehung nicht geht. Auf dem Lehrplan stehen dann unter anderem Leinenführigkeit und Rückruf.

Durch die vielen Hunde, die manchmal unüberlegt während des Corona-Lockdowns aufgenommen wurden, sei die Nachfrage nach ihrem „Boot-Camp“ erneut angestiegen. In den drei Wochen trainiert Schirin Knoblauch rund um die Uhr. Denn der gesamte Alltag ist Training und Erziehung. „Da passiert eine ganze Menge, in weniger als drei Wochen wäre das nicht zu schaffen“, sagt sie.

Den Hund wochen- oder sogar monatelang wegzuschicken, das konnte sich Sandra Michel am Anfang auch nicht vorstellen. Aber mit ihrer Arbeit in einem Architekturbüro in Winterhude ließ es sich kaum vereinbaren, Hummel so konsequent auszubilden, dass aus ihm ein richtiger Jagdhund wird. Schließlich möchte sie als Jägerin ihren Hund unbedingt mitnehmen, mit ihm arbeiten und ihn einsetzen. Für Jäger gilt nämlich: „Jagd ohne Hund ist Schund“, sagt sie.

Assistenz- oder Blindenführhunde werden meist auch fern von zu Hause ausgebildet

Hummels Züchter riet ihr, den Hund in professionelle Hände abzugeben. „Klar fand ich das auch erst seltsam, aber inzwischen weiß ich, dass das viele machen und dass das ganz normal ist“, sagt die 52-Jährige „Gerade Jäger geben ihre Hunde zur Ausbildung ab.“ Auch Assistenz- oder Blindenführhunde durchlaufen ihre Ausbildung weg von zu Hause, ihr Zuhause finden sie in der Regel sogar erst, wenn sie mit der Lehre fertig sind.

Also hat Sandra Michel im April Hummels Sachen gepackt und ihn zu Jan Held ins Emsland gefahren. Der Jäger nahm den damals zweijährigen Hummel auf. Der Hund lebte dort in der Familie mit zwei Kindern und Pudelpointer-Dame Bonnie. Bis Oktober wurde Hummel ausgebildet, nur in den Herbstferien durfte er zwei Wochen nach Hause. „Die erste Nacht bei Jan hat er gewinselt und sich dann ganz schnell daran gewöhnt“, erzählt Sandra Michel. Dennoch wusste Hummel die ganze Zeit, wo er hingehört.

„Beim Wiedersehen hat er mich regelrecht überfallen vor Freude. Das war natürlich toll zu sehen, dass er mich nicht vergessen hat und dass ich seine Mama bin“, sagt Frau Michel und lacht. Und tatsächlich: „Wir neigen dazu, Hunde zu sehr zu vermenschlichen“, erklärt Jan Held. „Hunde leben im Hier und Jetzt.“

Jedes einzelne Kommando wird vom Trainer 100 bis 500 Mal geübt

Hunde, das sagt auch Schirin Knoblauch, seien „wahnsinnig anpassungsfähig“. Der Aufenthalt in ihrem Internat sei für die Tiere wie Urlaub. „Die Hunde bekommen ganz anderen Input als zu Hause, sie werden ausgelastet – körperlich und geistig.“ Trotzdem freuen sich alle Hunde, wenn ihre Besitzer sie nach drei Wochen wieder abholen.

Auch mit Pudelpointer Hummel trainierte Jan Held täglich, rund um die Uhr. „Es gibt keinen Moment, in dem man den Hund nicht erzieht“, so Jan Held. „Jedes Mal, wenn man nicht konsequent ist, versucht der Hund, die Grenzen zu verschieben.“ Ja, das sei sehr anstrengend. Jedes einzelne Kommando müsse man 100 bis 500 Mal üben, bis es sicher sitzt. Und als Jagdhund kennt Hummel jede Menge Kommandos.

Sein Job als Jagdhund: Hasen, Fasane und anderes Wild anzuzeigen, vorzustehen, geschossenes Wild zu finden und zu bringen – auch aus dem Wasser. Ende Oktober war Hummels Meisterprüfung, die er mit Auszeichnung bestanden hat. Nun heißt es für Sandra Michel, weiter üben.

Hundeerziehung ist nie beendet

Dran zu bleiben und das umzusetzen, was die Hundetrainer den Tieren beigebracht hat, darum gehe es im Anschluss an den Internatsaufenthalt, sagt Schirin Knoblauch. Denn die Erziehung ist nie beendet. „Der Hund hat die Basics, darauf müssen die Halter dann aufbauen.“ Sie bietet fortlaufende Kurse an oder schickt ihre Kunden zu anderen Trainern, die sie empfehlen kann.

Hummel hat sich als besonders talentiert in der Apportier- und Schweißarbeit (Fährtenarbeit) gezeigt. Einmal die Woche geht sein Frauchen deswegen mit ihm zu einem entsprechenden Kurs. Mit zur Jagd war Hummel auch schon. Als Einserschüler hat er seine Arbeit natürlich sehr gut gemacht.

Weiterführende Informationen und Kontakte: Ein Drei-Wochen-Internatsaufenthalt bei Schirin Knoblauch in Itzehoe kostet die erste Woche 700 Euro, jede weitere 600 Euro. Sie bietet demnächst auch Intensiv-Kurse für Hund und Halter gemeinsam an: www.hundeschule-itzehoe.de. Auch in Bad Bramstedt gibt es ein Hundeinternat und Intensivkurse, Infos: www.hundeschule-hundeleben.de