Hamburg. Qualzuchten und Verstümmelungen sind wieder in Mode. Und viele spontan angeschaffte Tiere landen schnell wieder im Tierheim.
Der Hamburger Tierschutzverein (HTV) und das Franziskus Tierheim weisen auf die Not vieler Hunde hin, die während der Corona-Pandemie unüberlegt angeschafft wurden.
Menschen hätten die Tiere aus Unerfahrenheit nicht erzogen und nach dem Ende von Homeoffice-Pflicht und Reisebeschränkungen wieder ausgesetzt oder im Tierheim abgegeben. Und noch ein Aspekt fällt den Tierschützern auf: So erreichte der illegale Welpenhandel ein Rekordhoch und gesundheitsschädliche optische Trends, wie kupierte Ohren und Ruten – also operativ gekürzt – werden wieder modern. Auch die Nachfrage nach sogenannten Qualzuchten steige an.
Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov bereut ein Fünftel der Halterinnen und Halter, sich ein Haustier während der Pandemie angeschafft zu haben. Problematisch seien dabei vor allem Spontankäufe, die in den deutschen Tierheime abgegeben werden.
Corona Hamburg: Spontan gekaufte Hunde oft gestört
Das seien häufig Hunde, die in einer wichtigen Entwicklungsphase ihres Lebens nicht genügend Umwelteinflüsse und Sozialisierung genossen haben und deshalb große Verhaltensauffälligkeiten vorweisen.
„Die Hunde sind unsozialisiert und auf viele Alltagssituationen nicht genügend vorbereitet worden, weil sich ihr Lebensraum auf wenige Quadratmeter Wohnfläche beschränkt hat und Hundeschulen in dieser wichtigen Anfangszeit geschlossen waren. Das kann sich bei jedem Hund anders auswirken – die einen werden aggressiv, die anderen sind extrem ängstlich und empfinden enormen Stress, sobald sie sich außerhalb der Wohnung aufhalten müssen“, so Dr. Urte Inkmann, tierärztliche Leitung und Tierheimleiterin des HTV.
Wenn der Hund beißt, kommt er ins Tierheim
Tierhalter, so die Beobachtung im Franziskus-Tierheim, könnten die Kosten häufig nicht mehr zahlen, seien überfordert mit der Erziehung. "Ist es zu Beißvorfällen gekommen, muss der Übeltäter sofort weg." Ein Hund, der wegen Beißvorfällen ins Tierheim kommt, sitze dort oft den Rest seines Lebens.
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"Angehende Hundebesitzer müssen vor Anschaffung eines Hundes gründlich überlegen, ob sie der Verantwortung gerecht werden", so Frank Weber, Leiter des Franziskus Tierheim.
Verstümmelte Hunde und Qualzuchten wieder in
Weiteres Problem ist der illegale Hundehandel und der alte Trend der kupierten Körperteile: „Die Tiere werden illegalerweise im Ausland mit kupierten Ohren oder Ruten bestellt oder sogar in Deutschland hinter verschlossenen Türen auf diese Art und Weise verstümmelt – alles, um einer gewissen Optik zu entsprechen“, erklärt Tierärztin Dr. Urte Inkmann.
Hoch sei auch die Nachfrage nach sogenannten "Qualzuchten". Das sind Tiere, die starke gesundheitliche Einschränkungen haben, wie Chihuahuas, Französische Bulldoggen oder Möpse.
Sie sind wegen ihrer platten Nasen und Glubschaugen, die das Kindchenschema so gut bedienen, so beliebt, haben dadurch aber massive Probleme wie extreme Atemnot oder Entzündungen an Augen und Hautfalten und müssen häufig operiert werden.
Tierheim Hamburg: Möpse und Co. sehr beliebt
Werden Möpse und Co. dann im Tierheim abgegeben, würden sie innerhalb weniger Tage oder Wochen vermittelt, weil die Nachfrage nach diesen Rassen sehr hoch ist.
Und weil Tierheim-Mitarbeiter die zukünftigen Halter sorgfältig auswählen und viele Menschen mit Hundewunsch ungeduldig sind, hat der illegale Welpenhandel gerade von vermeintliche Rassehunden zum Beispiel auf diversen Internet-Plattformen stark zugenommen. Dort werden Hunde aus fragwürdiger Haltung, die oft krank sind, kritiklos jedem überlassen und teuer verkauft.