Hamburg. Freizeit-Kapitäne sind verzweifelt: Anlagen entlang der Elbe verlanden immer schneller, die Kosten für Betreiber steigen.
Wenn es um die Schlickbelastung der Elbe geht, werden sie meistens vergessen: Die Sportboothäfen in unmittelbarer Flussnähe. Doch auch die haben mit massiver „Verlandung“ zu kämpfen und müssen laufend ihre Becken ausbaggern lassen.
Das wird angesichts steigender Kosten und ausgebuchter Fachbetriebe ständig teurer und zeitintensiver – ein Kampf gegen Schlick und Sand, der immer schwerer zu gewinnen ist.
Kampf gegen den Schlick: Stiftung Elbefonds übernimmt 70 Prozent der Kosten
Da diese Entwicklung im Zuge der Elbvertiefung von Fachleuten vorhergesagt worden war, wurde im Jahr 2008 die Stiftung Elbefonds gegründet, die den Sportboothäfen anteilig Fördermittel für die Ausbaggerung bereitstellt. Allerdings werden nur maximal 30 Prozent der Kosten antragstellender Häfen von der Stiftung übernommen, die restlichen 70 Prozent müssen sie selbst tragen.
Insgesamt gibt es 120 kleine und Kleinsthäfen sowie Liegestellen für Sportboote am Hauptstrom und seinen Nebenflüssen zwischen Cuxhaven und der Staustufe Geesthacht. 80 von ihnen – mit insgesamt 6500 Plätzen – gelten als „touristisch oder sportbootpolitisch bedeutsam“.
Auch Häfen in Schleswig-Holstein und Niedersachsen bekommen Fonds-Geld
Empfänger der Unterstützungsgelder aus dem Elbefonds sind Häfen in Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Mit dazu gehören beispielsweise der Blankeneser Segelclub und der City-Sporthafen Hamburg, aber auch der Segler-Verein Stade, die Segler-Vereinigung Cuxhaven und die Seglervereinigung Glückstadt.
Im vergangenen Sommer hatte die CDU-Politikerin Anke Frieling in der Bürgerschaft einen Antrag eingebracht, in dem sie – finanziell und organisatorisch – eine stärkere Unterstützung der Sportboothäfen durch die Stadt forderte. „Die Verschlickung der Sportboothäfen ist eine Folge der Elbvertiefung und die Stadt Hamburg muss für die Kosten aufkommen, die diesen Häfen durch die so genannten Entschlickungsmaßnahmen entstehen“, hieß es dazu in dem Antrag.
Stiftung laut CDU nur „Tropfen auf dem heißen Stein“
„Die Stiftung Elbefonds ist mit ihrer Kostenübernahme von 30 Prozent lediglich ein Tropfen auf dem heißen Stein“, sagt Anke Frieling auf Nachfrage. „Wenn wir den Wassersport auf der Elbe auch in Zukunft ermöglichen wollen, muss ein größerer Kostenanteil übernommen werden.“ Noch besser wäre es aus ihrer Sicht, wenn die Maßnahmen von der Stadt beziehungsweise der Hamburg Port Authority (HPA) übernommen werden würden.
Erschwerend kommt hinzu, dass der Verwaltungsaufwand aufseiten der Häfen für die Beantragung von jeher groß ist, weil jede einzelne Maßnahme bei der Stiftung Elbefonds immer wieder neu beantragt und begründet werden muss. Da die Sedimentablagerungen in den kleinen Häfen seit der Elbvertiefung und der Fahrrinnenverbreiterung bei Blankenese immer massiver werden und die Häfen in deutlich kürzeren Abständen verschlicken, wächst bei den Antragstellern analog auch die Bürokratie im wahrsten Sinne des Wortes ins Unendliche an.
Bei einigen Sportboothäfen reicht einmal jährlich ausbaggern inzwischen gar nicht mehr aus. Eine Schriftliche Anfrage von Anke Frieling zum Thema ergab: Alleine in diesem Sommer warteten 26 Anträge auf Bewilligung. Das Stiftungskapital lag zum letzten Stichtag, dem 31. Dezember 2021 bei rund zwölf Millionen Euro – Geld, das nun immer schneller und immer drängender abgerufen wird.
In Blankenese liegen Boote oft auf Schlick und Sand
Die Not der Sportboothäfen ist groß, wie ein Besuch des Abendblatts vor Ort zeigt. Im Hafen des Blankeneser Segelclubs (BSC) kann jeder die Problematik deutlich sehen. Bei Niedrigwasser liegen mehrere Boote auf einer dicken Schlick- und Sandschicht, bei den anderen beträgt der Abstand zwischen Schiffsboden und Grund nur wenige Zentimeter. „
Seit der Elbvertiefung und dem Bau der Begegnungsbox vor Blankenese fließt die Elbe viel schneller, das merken wir ganz deutlich“, sagt Sven Kumpfert vom BSC. Ebbe und Flut seien auch viel intensiver als vorher.
Große Schiffe spülen Schlick in die Häfen
Besonders problematisch werde es, wenn große Schiffe vorbeifahren. Es entsteht der klassische so genannte Schwell, also fortlaufende Wellen, die laut Kumpfert mit erheblich größerem Druck als früher durch den kleinen Hafen spülen. „Sie drücken durch die Einfahrt rein, laufen einmal durch das Becken und dann wieder hinaus“, erläutert Kumpfert. Was sie zurücklassen sind Schlick und Sand. Kumpfert bleibt fair und objektiv. „Wir haben das Glück, dass unser Club einen vergleichsweise kleinen Hafen und viele Mitglieder, nämlich rund 970 hat“, sagt er.
Der BSC könne das Ausbaggern insgesamt recht gut stemmen, andere Clubs seien schlechter dran. Doch Kumpfert warnt. „Das Geld im Elbefonds mag jetzt gerade eben so reichen, aber das wird nicht so bleiben“, prognostiziert er. Auch bestehe die Gefahr, dass bei zunehmender Verschlickung Regatten und andere Veranstaltungen irgendwann ausfallen müssten.
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Schlickschicht wird jährlich dicker
Das bestätigt auch Enno Zweigler, Erster Vorsitzender der Jollenhafengemeinschaft Mühlenberg (JGM), die 14 Vereine bündelt. „Wir müssen jährlich rund 25.000 Euro für das Ausbaggern selbst aufwenden“, sagt Zweigert, „Tendenz steigend.“ Die wachsenden Energiekosten machen sich laut Zweigert zusätzlich bemerkbar: Mittlerweile müsse zum Beispiel ein Treibstoff-Aufschlag bezahlt werden. Und das ist nicht das Schlimmste.
Wie Zweigert berichtet, war die Schlickschicht beim diesjährigen Ausbaggern immerhin 17 Zentimeter dicker als im vergangenen Jahr – was aus Sicht von Experten eindeutig mit der schnelleren Fließgeschwindigkeit der Elbe zusammenhängt. Umgerechnet auf die auszubaggernde Fläche des JGM seien das immerhin 3400 Kubikmeter mehr, die weggeschafft werden müssen.
Antrag auf mehr Fördergeld vom Senat abgelehnt
Anke Frielings Antrag auf Erhöhung der Fördersumme und auf Umverteilung der Baggerarbeiten wurde in der Bürgerschaft abgelehnt. Auf Nachfrage sagte Dominic Völz von der zuständigen Behörde für Wirtschaft und Innovation dem Abendblatt: „Eine Unterstützung in Höhe von 30 Prozent ist (…) nach Ansicht der Behörde (...) eine gute Unterstützungshöhe.“ Diese Summe sei so auch im Elbefondsgesetz als Maximalquote festgeschrieben.
Die wachsenden Sorgen in den Sportboothäfen scheinen bei der Behörde noch nicht angekommen zu sein. „Der Tiefenerhalt in Sportboothäfen ist für die Vereine grundsätzlich ein wichtiges Thema (...)“, sagt Völz. „Darüber hinaus verfügt der Senat nicht über Detailkenntnisse oder Einschätzungen zu Beeinträchtigungen durch Sedimentierung in den vielen Sportboothäfen im gesamten Betrachtungsraum (…).“