Scharbeutz. Etliche Hamburger mit Zweitwohnsitz an der Ostsee müssen deutlich mehr zahlen – und legen nun Widerspruch ein.

Die Aufregung ist bei vielen Eigentümern von Zweitwohnungen in Scharbeutz groß. Viele Hamburger mit einer Immobilie an der Ostsee haben gerade den Zweitwohnungssteuer-Bescheid für 2022 erhalten und sollen deutlich mehr bezahlen als in den vergangenen Jahren.

So wie Abendblatt-Leserin Waltraut Daedler, der zusammen mit ihrem Mann eine 49 Quadratmeter große Wohnung gehört. Für die kleine Wohnung (Baujahr 1971) hat sie ihren Angaben zufolge 2019 noch 720,99 Euro an Zweitwohnungssteuer bezahlt, für die Jahre 2020 und 2021 je 2008,84 Euro.

Ostsee: Hamburger müssen hohe Zweitwohnungssteuer zahlen

„Als wir jetzt unseren Bescheid für 2022 bekamen haben wir erst gedacht es liegt ein Rechenfehler vor. 2781,48 Euro haben wir zu zahlen. Somit zahlen wir mittlerweile mehr Zweitwohnungssteuer als Wohngeld. Grundsteuer und Kurtaxe kommen noch on top“, sagt die Hamburgerin. „Leider haben wir keinen Einfluss auf die Politik, denn Zweitwohnungsbesitzer dürfen nicht wählen, aber werden kräftig zur Kasse gebeten. Mit der nächsten Erhöhung in zwei Jahren müssen wir wohl rechnen.“ Ähnliches berichten andere Leser, die Widerspruch gegen ihre Gebührenbescheide eingelegt haben.

Wer außer seiner Hauptwohnung noch einen zweiten Wohnsitz hat, wird in vielen Städten oder Gemeinden zur Kasse gebeten – mit der Zweitwohnungssteuer. Weil im Herbst 2019 die frühere Berechnungsgrundlage (Jahresrohmiete) als verfassungswidrig eingestuft wurde, mussten die Kommunen neu rechnen.

Zweitwohnungssteuer in Scharbeutz: Mehr als 200 Wiedersprüche

In Scharbeutz hat man das Problem der extremen Steuererhöhungen erkannt. Dort sind bereits mehr als 200 Widersprüche eingegangen. „Wer beispielsweise an der Strandallee eine Wohnung hat, ist richtig betroffen, diese Eigentümer haben dramatische Steigerungen“, sagt Volker Bensch, Kämmerer der Gemeinde Scharbeutz. Der Grund seien die gestiegenen Bodenrichtwerte, die vom Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Kreis Ostholstein festgelegt wurden. Allein für Scharbeutz gebe es Hunderte unterschiedliche Bodenrichtwerte – von 50 bis 1800 Euro pro Quadratmeter. Die Steigerung sei so nicht vorhersehbar gewesen, beteuert er.

Für die Zweitwohnungssteuer gelte folgende Berechnung: Bodenrichtwert mal Wohnungsgröße mal Baujahr mal Verfügbarkeitsgrad (ob sie selbst genutzt oder teilweise oder ganz vermietet wird). Auf die Berechnung habe die Gemeinde nur wenig Einfluss, denn Baujahr und Wohnungsgröße seien feste Grundwerte. Der Steuersatz werde per Satzung festgelegt und liegt in Scharbeutz derzeit bei 1,6 Prozent. Andere Ostseegemeinden haben ihre Steuersätze bereits reduziert oder planen dies.

Scharbeutz: Wohnungseigentümer können Ratenzahlung beantragen

In Scharbeutz, wo es laut Bensch etwa 4500 Zweitwohnungen gibt, wird sich der Finanzausschuss am 1. März mit dem Thema befassen. „Ich gehe davon aus, dass die Politik nachjustieren wird“, sagt der Kämmerer. Sollte der Finanzausschuss eine Senkung beschließen, müsse diese anschließend noch von der Gemeindevertretung beschlossen werden. Diese tagt am 16. März. Dann gebe es die Möglichkeit, den Steuersatz von 1,6 Prozent rückwirkend oder für die Zukunft zu senken.

Jeder Eigentümer, der einen Widerspruch einlegt, erhalte eine Eingangsbestätigung, sagt Bensch. Grund für die Widersprüche: „Es sei ihnen zu teuer.“ Es gebe die Möglichkeit, eine Ratenzahlung zu beantragen und nach vorheriger Einkommensprüfung statt in vier Raten in 12 Raten zu bezahlen.

Ostsee: Immobilie in Top-Lage ist sehr teuer

Nach Angaben des Kämmerers gibt es aber auch Profiteure der neuen Bodenrichtwerte. So gebe es beispielsweise bei einer Immobilie in Haffkrug eine Senkung von 698 Euro auf 16,57 Euro. Oder bei einem Haus im Binnenland von 2000 auf 100 Euro. Jemand in einer Top-Lage müsse dagegen jetzt statt 4500 Euro nun 7500 Euro bezahlen.

Gegen die Bescheide 2020/21, die die Umstellung auf Bodenrichtwerte zum Inhalt hatten, hatte es nach Angaben von Bensch übrigens etwa doppelt so viele Widersprüche gegeben als bislang zu den neuen Bescheiden für 2022.