Heidkate. Wochenendhaus-Eigentümer fühlen sich von den vielen Wohnmobilfahrern belästigt. Grünen-Politikerin fordert Konsequenzen.
Wenn es sonnig und windig ist, dann ist der Parkplatz in Wisch, einem Ortsteil von Heidkate, voll mit Campervans und Wohnmobilen. Dann kommen Familien mit Kindern, Wassersportler und Erholungssuchende und genießen ihre Auszeit an der Ostsee. Nun soll gegen Wohnmobilfahrer vorgegangen, das Parken stärker reguliert und eingeschränkt werden. Aus Naturschutzgründen und weil Ferienhausbesitzer sich von den Besuchern belästigt fühlen.
Die Ersten sind mit ihren Camperbussen in den heißen Junitagen bereits am Donnerstag angereist. So wie die Hamburgerin in ihrem VW-Bulli. Sie wohnt im dicht besiedelten Eimsbüttel und möchte raus aus der Stadt. Oder wie Frank Gräfendorf aus Kiel, der dort in einem Mietshaus wohnt und bei Wind nach Feierabend und im Sommer fast jedes Wochenende nach Heidkate fährt.
An Spitzentagen bis zu 680 Wohnmobile in Heidkate
Er ist Windsurfer und verbringt gern seine Freizeit im selbst ausgebauten Mercedes Vario an der Ostsee. Seine Kinder, inzwischen 14 und 24, waren, als sie jünger waren, immer mit dabei. Die Fahrzeuge, die hier stehen, kommen aus Hamburg, Kiel, Plön, Bad Segeberg und anderen Orten in Schleswig-Holstein. Obwohl es gutes Wetter ist, sind noch Plätze frei.
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An Spitzentagen seien es bis zu 680 Wohnmobile, die auf dem Parkplatz in Wisch/Heidkate stehen, sagt Susanne Elbert, Kreistagsabgeordnete der Grünen in Plön, die regelmäßig vorbeischaut und nachzählt. Rechtsanwältin Elbert setzt sich für den Naturschutz ein und fordert eine Einschränkung der Parkmöglichkeiten an dem beliebten Strandabschnitt in der Probstei. Die Familien und Wassersportler fürchten um ihre Idylle am Strand.
Wohnmobilfahrer würden sich wie auf einem Campingplatz häuslich niederlassen
Wochenendhaus-Besitzer in der Nähe hätten sich über die Zahl an Wohnmobilfahrern beschwert. Angeblich würden diese, statt die drei kostenlosen Toiletten vor Ort zu benutzen, ihre Notdurft im Freien machen. Sie würden Abwasser ablassen und sich wie auf einem Campingplatz häuslich niederlassen, sagt Susanne Elbert.
„Der Parkplatz wird seit etwa sieben Jahren immer voller. Links und rechts davon ist aber geschützter Trockenrasen.“ Dieser dürfe nur mit leichten Fahrzeugen befahren werden, nicht aber mit den immer größer werdenden Wohnmobilen.
Eine irre Gelddruckmaschine
„Die Zahl der Wohnmobile hat Überhand genommen. Die Gemeinde toleriert das Übernachten, weil das eine irre Gelddruckmaschine ist. Dabei ist das verboten. Hier muss die rechtsstaatliche Ordnung hergestellt werden“, sagt sie. Eine Tageskarte für Autos kostet sechs, für Wohnmobile neun Euro. Auch wenn es offiziell nicht erlaubt ist, wird das Übernachten für 20 Euro zumindest geduldet.
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Susanne Elbert fordert von der Gemeinde Wisch, sich an die Gesetze zu halten und einen offiziellen Stellplatz mit entsprechender Infrastruktur dort einzurichten für Wohnmobile, außerdem soll die Parkmöglichkeit für diese eingeschränkt werden, etwa durch Höhenbegrenzungen.
Kontrollen der Polizei
Wohnmobile sollen dann nur noch auf dem sogenannten blauen Parkplatz vor der Surfschule parken dürfen. Welche Begrenzungen für Wohnmobile gelten sollen, weiß sie nicht. Nur so viel: Gegen VW-Busse hat die Grünen-Politikerin nichts, „aber für große Wohnmobile muss die Zufahrt eingeschränkt werden durch eine entsprechende Höhenkontrolle.“
Mit der Freiheit ist dann wohl Schluss. Um Verstößen gegen das Übernachtungsverbot auf dem Parkplatz entgegenzutreten, werden in den kommenden Wochen von der unteren Naturschutzbehörde des Kreises Plön mit der Polizei und der örtlichen Ordnungsbehörde Kontrollen durchgeführt, teilt Landrätin Stephanie Ladwig mit. „Dabei werden die Personalien der auf dem Parkplatz übernachtenden Personen erfasst und an die Bußgeldstelle zur Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens weitergeleitet.“ Derzeit finden Überprüfungen statt, wie das Parken dort verändert werden kann.
Weniger Verbote und mehr Freiheit
„Unter anderem sind Einschränkungen hinsichtlich des auf den Biotopflächen zulässigen Parkens beabsichtigt. So sollen Wohnmobile, die schon allein durch ihr Gewicht den Trockenrasen schädigen, dann nur noch auf den Flächen parken, die nicht als Biotop gesetzlich geschützt sind“, heißt es in einer Mitteilung.
Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:
- Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
- Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
- Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
- Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
- Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).
Seit 1973 hat die Gemeinde Wisch den Parkplatz gepachtet und hat dabei bislang lieber auf Freiheit als auf Restriktionen gesetzt. Ohne Probleme. Bis jetzt. Jeder sei willkommen, und das meiste lasse sich ohne starre Regularien organisieren, sagt Verena Sapia, Bürgermeisterin von Wisch. Das ist auch das, was Heidkate von vielen anderen Orten an der Nord- und Ostsee bislang unterschieden hat. Weniger Verbote, mehr Freiheit und Gelassenheit.
Überwiegend sehr ordentliche Besucher
„Wenn jemand in der Großstadt lebt, für den ist es doch wichtig, hierher spontan ins Grüne kommen zu können“, sagt Verena Sapia. Sie hält nichts von den pauschalen Anschuldigungen, die Nutzer würden Dreck hinterlassen: „Das sind überwiegend sehr ordentliche Besucher, die seit vielen Jahren kommen.“ Und es sei nicht automatisch Grauwasser, das dort von Wohnmobilfahrern abgelassen wird.
„Das ist häufig Frischwasser, damit der Tank nicht so schwer ist und das Fahrzeug weniger Sprit verbraucht.“ Das Recht sei auf der Seite von Susanne Elbert, gibt die Bürgermeisterin zu. Tatsächlich handelt es sich um geschützten Trockenrasen.
„Doch man muss abwägen, inwiefern der Rasen durch die Nutzung überhaupt geschädigt wird“, sagt Frau Sapia. Die Gemeinde möchte keinen offiziellen Wohnmobilstellplatz betreiben. „Wir möchten so wenig wie möglich regulieren, denn das muss ja auch alles kontrolliert werden.“
Der Trockenrasen überlebt schon seit 47 Jahren
Frau Sapia mag das Treiben direkt hinter dem Deich. „Das ist ein eigener Mikrokosmos und mehr als ein Parkplatz. Die Behörden gehen nur nach Paragrafen. Wir müssen einen Kompromiss finden.“ Das Übernachten sei dort nicht erlaubt. Aber: „Wenn ein Surfer den ganzen Tag auf dem Wasser war und abends zu müde zum Autofahren ist, dann kann er dort seine Fahrtüchtigkeit wieder herstellen“, so Frau Sapia.
Wird der Parkplatz für Wohnmobile dicht gemacht oder stark eingeschränkt, befürchtet sie Chaos. „Dann gibt es einen Kleinkrieg. Denn die Leute kommen ja trotzdem. Dann parken sie den Ort zu, das wäre ein wahnsinnig großer Druck auf dem Wochenendhaus-Gebiet.“
Welchen Wert haben Familien und welchen hat der Naturschutz, und warum muss man das gegeneinander ausspielen?, fragt sich Frank Gräfendorf. Er ist sauer über die Vorwürfe gegen ihn und die anderen Wohnmobilfahrer: „Niemand wirft einfach den Müll weg. Es stehen ja auch genügend Mülleimer herum.“
Böse Gerüchte
Das seien böse Gerüchte. Seit 47 Jahren gibt es den Parkplatz, „und der Trockenrasen hat das überlebt.“ Warum auf einmal alles reglementieren? „Das ist das letzte Fleckchen Freiheit“, sagt der 55 Jahre alte Informatiker. Bullerbü am Ostseestrand. Als Familie spontan am Wochenende auf einen offiziellen Stellplatz zu fahren oder auf einen Campingplätze, sei kaum möglich, da alles meistens ausgebucht sei. „Für Kinder ist das ein großes Abenteuer, das sie sonst nirgends erleben können, für uns Erwachsene ein toller Treffpunkt, auch spontan bei gutem Wetter.“
Während Ferienhausbesitzer immer spontan ans Meer fahren und dort übernachten können, sehe das für den Großteil der Menschen anders aus. Sie sind auf solche Strände und Parkplätze wie in Wisch angewiesen: „Wir haben einen ausgebauten Bus, das ist unser kleiner Luxus. Wir sind keine Millionäre, die sich ein Ferienhaus am Meer leisten können.“