600 Beamte durchstöberten Wohnungen und Vereinsräume und fanden Hunderte Schusswaffen, Schwerter, Totschläger, Messer und Schlagstöcke.

Schwerin/Rampe/Neubrandenburg. Das auf langen Tischreihen aufgebaute Arsenal an Schusswaffen, Samurai-Schwertern, Totschlägern, Messern, Baseballschlägern und Schlagstöcken ist furchteinflößend. 230 solcher Gegenstände förderte die bislang größte Polizeiaktion gegen kriminelle Motorradrocker in Mecklenburg- Vorpommern zutage. Rund 600 Beamte hatte das Landeskriminalamt am frühen Dienstagmorgen in insgesamt 81 Wohnungen und Vereinsheime der im Raum Neubrandenburg aktiven Rockergruppierung „Bandidos“ geschickt. „Die Durchsuchungen haben gezeigt, dass die "Bandidos“ und andere Rockergruppen andere Ziele und Schwerpunkte haben als Motorrad fahren “, resümierte LKA-Chef Ingolf Mager am Mittwoch in Rampe bei Schwerin. In jeder zweiten Wohnung waren die Ermittler fündig geworden.

Den Gruppierungen, die vielfach in illegales Glücksspiel, Fahrzeugdiebstahl, Prostitution, Erpressung, illegalen Waffenbesitz oder Drogenhandel verstrickt seien, gehe es um die bewusste Darstellung von Macht und Gewaltbereitschaft. Im Bestreben, die eigenen Machtbereiche auszudehnen, komme es auch immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen.

Laut Mager ist die Zahl der kriminellen Rockergruppen in den zurückliegenden Jahren im Nordosten deutlich gewachsen. 27 festen Gruppen würden etwa 450 Mitglieder zugerechnet. Im Westteil Mecklenburg-Vorpommerns dominierten Anhänger der „Hells Angels“, im Osten die „Bandidos“. Offene Drohgebärden und Einschüchterung gehörten zu deren Strategie, bei der Wahl der Waffen seien sie nicht wählerisch. So fanden die Beamten in Neubrandenburg auch zahlreiche Holzstiele für Äxte und Gartengerät. „Das heißt aber nicht, dass wir es mit Kleingärtnern zu tun haben, die sich auf die Saison vorbereiten“, sagte Mager.

Der Polizeieinsatz am Dienstag habe der vorbeugenden Gefahrenabwehr gedient, nachdem Ende November bei einem Anführer einer Neubrandenburger Gruppe auch zwei scharfe Waffen und Munition gefunden worden seien. Zuvor habe es bereits eine Zunahme von Straftaten in der Region gegeben, die dem Rockermilieu zugeordnet würden. „Wir sind nicht willens, rechtsfreie Räume zuzulassen“, begründete Mager den massiven Polizeieinsatz, für den das Amtsgericht Neubrandenburg grünes Licht gegeben hatte.

Nach Angaben des LKA-Chefs waren neben Kriminal- und Bereitschaftspolizisten des Landes auch Angehörige der Bundespolizei und Kräfte des Spezialeinsatzkommandos an der Aktion beteiligt. Nach dem Fund von illegalen Drogen seien 15 Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Nach der Auswertung der Waffenfunde sei mit weiteren Verfahren zu rechnen. Auch zu einem in Berlin gestohlen Mittelklassewagen, der bei der Aktion in Neubrandenburg sichergestellt wurde, liefen Ermittlungen.

Innenminister Lorenz Caffier (CDU) wertete die großangelegten Aktion als Bestätigung, dass die Polizei Mecklenburg-Vorpommerns bei der Bekämpfung der Rockerkriminalität richtig aufgestellt ist. „Die Ergebnisse der gestrigen Durchsuchungen zeigen, dass die Landespolizei zu Recht die Aktivitäten und Auseinandersetzungen von kriminellen Rockergruppen sehr ernst nimmt und konsequent polizeiliche Maßnahmen durchsetzt“, erklärte Caffier am Mittwoch. „Rechtsfreie Räume haben wir bisher nicht geduldet und werden wir auch in Zukunft nicht dulden. Den hohen Überwachungs- und Kontrolldruck werden wir auch weiterhin aufrechterhalten“, sagte der Minister.

Bereits Anfang Dezember hatte es in Rostock einen Polizeieinsatz gegen Anhänger der „Hells Angels“ gegeben, denen Menschenhandel zur Last gelegt wird. Ein 30-jähriger Hauptverdächtiger, dem zudem Zuhälterei, Vergewaltigung und Drogendelikte vorgeworfen werden, sitzt laut Mager in Untersuchungshaft. Nach Angaben des LKA-Chefs gab es 2011 in Mecklenburg-Vorpommern bislang mehr als 50 neue Verfahren gegen Mitglieder krimineller Rockerklubs.