Fast 40 Prozent der Stellen werden gestrichen – Bürgermeister in Sorge – Staatsregierung kündigt Hilfen an
Fürstenfeldbruck/Penzing. Die Standortreform der Bundeswehr trifft Bayern besonders hart: Mit fast 20.000 werden nahezu 40 Prozent der bislang 50.000 Stellen in Freistaat abgebaut. Drei Standorte werden komplett geschlossen.
Sechs weitere werden künftig weniger als 15 Stellen haben und damit nicht mehr als Standorte gelten, wie das Verteidigungsministerium am Mittwoch mitteilte. Darüber hinaus stehen an 40 Standorten Stellenstreichungen an. SPD und Freie Wähler kritisierte vor allem die geplanten Einschnitte im ländlichen Raum, die Staatsregierung stellte Hilfe für die betroffenen Kommunen in Aussicht.
Komplett geschlossen werden in Oberbayern die Kasernen in Fürstenfeldbruck (1.240 Stellen) und Penzing (2.350) sowie die Einrichtungen im schwäbischen Kaufbeuren (880). Einem Bericht des „Donaukuriers“ (Mittwochausgabe) zufolge wird auch die Kaserne in Oberstimm mit derzeit 805 Soldaten dichtgemacht. Der Ort taucht in der Liste der Bundeswehr nicht auf, da die Kaserne zum Stützpunkt Manching gehört, der erhalten bleibt.
Die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden blicken mit Sorge in die Zukunft. „Wir sind schon strukturschwach und verlieren jetzt auch noch den mit Abstand größten Arbeitgeber. Ich sehe nicht, wie wir das kompensieren können“, sagte Kaufbeurens Oberbürgermeister Stefan Bosse (CSU). Penzings Bürgermeister Johannes Erhard (Freie Wähler) sagte: „Das ist schon heftig.“ Die Gemeinde habe keinen Plan B.
In Kempten wird die Zahl der Dienstposten von 870 auf 6 reduziert. Die dortige Kaserne wird damit künftig nicht mehr als Standort bezeichnet. Gleiches gilt für Bamberg, Deggendorf, Regensburg, Traunstein und Würzburg.
Der Standort Roth bleibt zwar erhalten, die Zahl der Stellen wird aber von 2.820 auf 540 reduziert. In Altenstadt sinkt die Zahl der Dienstposten von 720 auf 190, in Donauwörth von 1.150 auf 130, in Erding von 1.190 auf 220. Für Hammelburg sind künftig nur noch 1.300 statt bisher 2.280 Stellen vorgesehen, für München 1.570 statt 2.520, für Sonthofen 590 statt 1.120 und für Untermeitingen 570 statt 1.620.
„Kein anderes Bundesland wird von der Bundeswehrreform so hart getroffen wie der Freistaat“, beklagte SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher. Der „CSU-Rettungsschirm“ für die Bundeswehr in Bayern sei nicht aufgegangen. Gerade für die ländlichen Gebiete im Freistaat seien die Kasernenschließungen „ein herber Schlag“.
Der Münchner Oberbürgermeister und designierte SPD-Spitzenkandidat Christian Ude bezeichnete es als „verwunderlich“, dass das Angebot an die Bundeswehr, in München Kasernenareale zu Wohnungsbauzwecken zu nutzen, nicht aufgegriffen worden sei. Der Freie-Wähler-Abgeordnete Bernhard Pohl forderte von der Staatsregierung eine Schadensbegrenzung angesichts der „dilettantisch umgesetzten Bundeswehrreform“.
Bayerns ver.di-Vize Norbert Flach sprach von einer „schallenden Watschn für die bayerische Strukturpolitik“. Insbesondere in Unter- und in Oberfranken werde die Situation verschärft durch den zu befürchtenden Abzug der amerikanischen Streitkräfte aus Schweinfurt und Bamberg. Die Staatsregierung müsse jetzt selbst handeln, statt nur in Richtung Berlin zu appellieren. Auch der Bayerische Städtetag und des Landkreistag mahnten Unterstützung von Bund und Land an.
Staatskanzleichef Marcel Huber (CSU) hält die Folgen für den Freistaat trotz des Wegfalls von insgesamt knapp 20.000 Stellen für beherrschbar. Im Vergleich zu anderen Bundesländern „sind wir hier im Bayern proportional im Mittelfeld“, sagte er. Bayern werde den betroffenen Städten und Gemeinden „zur Seite stehen“ und passgenaue Lösungen erarbeiten. Bis zur Kabinettsklausur Mitte November soll eine neue Arbeitsgruppe „Bundeswehr“ Vorschläge vorlegen.
Laut Huber werden Landesmittel fließen, in erster Linie müsse das Geld aber vom Bund kommen. Mit Städtebauförderung und regionaler Wirtschaftsförderung lasse sich der Strukturwandel bewältigen. Womöglich würden auch staatliche Arbeitsplätze geschaffen.
Der Staatskanzleichef erwartet auch Auswirkungen auf die Rüstungsindustrie. Die Hälfte der deutschen wehrtechnischen Betriebe seí in Bayern beheimatet. Die Staatsregierung werde dafür kämpfen, dass die Standorte erhalten bleiben.