Die schmerzhafte Schließung von Bundeswehrstandorten auch im Norden ist notwendig.
Das neue Stationierungskonzept der Bundeswehr ist brutal: Standorte werden geschlossen oder so drastisch verkleinert, dass manche Kasernen künftig eher an Geisterstädte denn an Garnisonen erinnern werden. Geschäfte, die bislang von den Soldaten und ihren Familien profitiert haben - vom Bäcker bis zur Kneipe -, müssen sich auf sinkende Umsätze einstellen, viele werden schließen müssen. Ausgerechnet Schleswig-Holstein, der strukturschwache Flächenstaat, ist besonders hart betroffen.
Dazu kommt der menschliche Faktor: Familien werden aus Orten wie Glücksburg, Aurich oder Delmenhorst wegziehen müssen, manche Ehen werden zu Wochenend-Beziehungen, viele Arbeitnehmer verlieren in den kommenden Jahren ihre Arbeit.
Und doch: So menschlich schlimm die Kürzungen im Einzelfall sind, so gerecht sind sie doch trotz ihrer schonungslosen und umfassenden Grausamkeit. Nur wenige Bundesländer sind von Verteidigungsminister Thomas de Maizière verschont worden - meist diejenigen, in denen es sowieso kaum noch Bundeswehrstandorte gab. Und welche Kriterien will man anlegen beim Beklagen des Schadens? Das Saarland ist verhältnismäßig gesehen noch härter betroffen als Schleswig-Holstein und verliert über 50 Prozent seiner Dienstposten. Bayern muss dagegen auf die meisten Soldaten verzichten - insgesamt fast 20 000. Baden-Württemberg muss sich von riesigen Traditionsgarnisonen wie in Sigmaringen verabschieden. In Niedersachsen werden knapp 11 000 Dienstposten gestrichen, dazu muss das Land noch den Abzug der Briten verkraften.
Zugleich ist unumstritten, dass die Verkleinerung der Bundeswehr notwendig ist. Eine Freiwilligenarmee ohne Feind jenseits der Elbe braucht heute keine 400 Standorte mehr. Aus dieser Bedrohung heraus waren während des Kalten Krieges zahlreiche Militäreinheiten im Norden angesiedelt worden: Man fürchtete, der Warschauer Pakt würde für einen Angriff die norddeutsche Tiefebene auswählen. Doch diese Zeiten sind längst Geschichte.
Angestoßen worden war die Bundeswehrreform vom damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Von vielen waren seine Pläne damals beklatscht worden - wohl oftmals in der Hoffnung, sich doch noch rechtzeitig herauswinden zu können. Nachfolger Thomas de Maizière fällt nun die undankbare Aufgabe zu, das bittere Ergebnis der jahrelangen Reformüberlegungen zu präsentieren. Seine Botschaft ist klar: Eine Bundesrepublik, die sich mit einer Schuldenbremse die Finanzdisziplin ins Gesetz geschrieben hat, kann es sich nicht mehr leisten, auf Dauer strukturschwache Regionen durch die Präsenz von Truppen zu alimentieren. Die Einsparungen, die jetzt in Berlin verkündet wurden, sind gewissermaßen ein Teil der Friedensdividende, die schon während des Zusammenbruchs des Ostblocks von vielen beschworen worden war. Schon seit dieser Zeit musste allen klar sein, dass die Bundeswehr künftig keine sichere Bank mehr sein konnte.
Bei der Ausarbeitung seines Konzepts hat de Maizière absolutes Stillschweigen bewahrt - mit der unschönen Folge, dass viele Kommunen nun vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Fraglich ist allerdings, ob eine zeitigere Information zu einer schnelleren Lösung der Probleme geführt hätte oder dem Sankt-Florians-Prinzip gemäß eher zu einem öffentlichen Geschiebe und Gezerre zwischen den Interessenvertretern.
Nur in einem Punkt hätte de Maizière sein Schweigen brechen können: in der Frage, wie die Kommunen für ihre Verluste entschädigt werden können. Bund und Länder müssen schnell dafür sorgen, zusammen mit den Gemeinden eine neue Nutzung für die frei werdenden Bundeswehrgrundstücke zu entwickeln. Das wäre wahre Hilfe zur Selbsthilfe. Und für die Betroffenen vielleicht der Start in eine neue, vielversprechende Zukunft.