Auf ihrem Sonderparteitag gab die Bremer CDU das Bild einer tief zerstrittenen Partei ab. Landeschef Thomas Röwekamp lehnte seinen Rücktritt ab.

Bremen. Das hatte sich der Bremer CDU-Vorsitzende Thomas Röwekamp wahrscheinlich ganz anders vorgestellt. Mit einem Sonderparteitag knapp vier Wochen nach der deprimierenden Wahlniederlage am 22. Mai und dem Sturz auf Platz drei in der Bremer Parteienlandschaft wollte der 44-Jährige am Donnerstagabend Aufbruchstimmung erzeugen. Ein extra eingesetztes Gremium zur Aufarbeitung der Bürgerschaftswahl sollte der Kritik die Spitze nehmen.

Nach einer moderaten Rede inklusive Selbstkritik und Zerknirschtheit kam es für den Vorsitzenden allerdings ziemlich dick. Aus dem Kreis seiner Widersacher flogen ihm die Vorwürfe mangelnder Führungseignung und Integrationsfähigkeit nur so um die Ohren. Er grenze unliebsame Mitglieder aus, treffe falsche Entscheidungen, sei selbstherrlich und habe den Niedergang der Partei weitgehend zu verantworten.

Die Unterstützer Röwekamps hielten sich ebenfalls nicht zurück und warfen seinen Gegnern vor, auch aus persönlicher Enttäuschung zu handeln. Die meiste Zeit hörte der Jurist, der auch Chef der Bürgerschaftsfraktion ist, dem lautstarken Treiben ohne große Regung einfach zu, manchmal schenkte er einem Unterstützer einen fast dankbaren Blick.

Trotz des turbulenten Verlaufs der sechsstündigen Versammlung war der 44-Jährige am Morgen danach erleichtert. „Die Debatte, Röwekamp muss um jeden Preis weg, ist beendet“, sagte er am Freitag. Am Ende war es der langjährige Landeschef und Ehrenvorsitzende der Bremer CDU, Staatsminister Bernd Naumann, der mit einer nachdenklichen Rede die Aggressivität aus der Debatte nahm und den Durchbruch schaffte. Im nächsten Jahr soll ein neuer Vorsitzender direkt von den Mitgliedern gewählt werden. Eine Kommission wird die Wahlniederlage analysieren und die Mitgliederentscheidung vorbereiten. Das war am Ende mehrheitsfähig – und verschiedene Anträge auf Rücktritt Röwekamps mussten nicht mehr zur Abstimmung gestellt werden.

Zwischendurch hatte sich Neumann den Mitgliedern jedoch fast resigniert präsentiert: „Mir fällt im Augenblick keine richtige Therapie ein, eine Therapie, die von allen getragen wird.“ Das Problem zu lösen, sei keine Frage der Mehrheit. „Die Lage ist beschissen, das kann so nicht weitergehen, ich quäle mich.“ Er forderte Röwekamp, dessen Parteikarriere er aktiv gefördert hatte, indirekt, aber doch deutlich, zum Rücktritt auf – ohne Reaktion.

Am Morgen danach räumte Röwekamp ein, dass „das Trommelfeuer der letzten Wochen Spuren hinterlassen hat“. Ob er sich dem Mitgliederentscheid stellen will und nach drei Jahren im Amt erneut antritt, ließ er offen. „Das muss ich noch mal in die Partei hineinhorchen.“ Er wolle ein Gefühl dafür bekommen, ob die Partei das mittragen würde. Am Abend hatte sich der Kritisierte für die Urwahl stark gemacht: „Wer Landesvorsitzender der Bremer CDU sein will, darf keine Angst vor der Basis haben.“

Die Debatte zeigte deutlich, wo der Riss durch die unter Mitgliederschwund leidende Bremer CDU geht. Die Jüngeren, vertreten unter anderem in der Jungen Union und der Studentenvereinigung RCDS ergriffen klar Position für Röwekamp, die Senioren-Union mit einer Rücktrittsforderung gegen ihn. Die große Mehrheit der Bürgerschaftsabgeordneten steht hinter ihrem Vorsitzenden, verschiedene altgediente Funktionäre, darunter der frühere Bürgermeister Hartmut Perschau, plädierten für einen Neuanfang.

Die Selbstzerfleischung der CDU können sich die Spitzen von SPD und Grünen derweil gelassen anschauen. Trotz einiger inhaltlicher Differenzen brachten sie Mitte der Woche ihre Koalitionsverhandlungen ziemlich geräuschlos zum Ende. Selbst der Abgang von Sozialsenatorin Ingelore Rosenkötter (SPD), bisher starke Frau in einer weit umfassenden Superbehörde, löste keine großen Reaktionen aus. Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) sieht sich mit komfortabler Mehrheit ausgestattet einer mit sich selbst beschäftigten Opposition gegenüber.