Landeschef Thomas Röwekamp muss sich auf dem Parteitag am Donnerstag massiver Kritik stellen, die bis hin zu Rücktrittsforderungen reicht.

Bremen. Nach der deftigen Niederlage bei der Bürgerschaftswahl durchlebt die Bremer CDU unruhige Zeiten. An diesem Donnerstag treffen sich die Mitglieder zu einem außerordentlichen Landesparteitag. Der Vorsitzende Thomas Röwekamp muss sich der Kritik der Basis stellen, die bis hin zu Rücktrittsforderungen reicht. Bei der Bürgerschaftswahl am 22. Mai hatte die CDU mit ihrer Spitzenkandidatin Rita Mohr-Lüllmann nur noch 20,4 Prozent der Stimmen erreicht und war hinter die Grünen auf Platz drei im Zwei-Städte-Staat zurückgefallen.

Der 44 Jahre alte CDU-Landeschef ließ sich nach dem niederschmetternden Ergebnis umgehend als Fraktionsvorsitzender bestätigen – mit der Begründung, dass die CDU-Fraktion schnell handlungsfähig sein müsse. Das ging vielen Mitgliedern der sonst so konsensorientierten Bremer CDU dann doch zu schnell und mit zu wenig Selbstkritik. „Wenn eine Neuausrichtung notwendig ist, stehe ich dieser nicht im Weg“, sagte Röwekamp der Nachrichtenagentur dpa am Mittwoch. „Ich klebe nicht an meinen Ämtern.“

Zur Kritik an seiner schnellen Wiederwahl als Fraktionschef sagte Röwekamp, das sei die Entscheidung der ganzen Fraktion gewesen. Damit hätte man ohnehin nicht bis zur endgültigen Aufarbeitung des Wahlergebnisses in der Partei warten können. Wenn er aber geahnt hätte, zu welcher Kritik das führen würde, hätte man mit der Wahl in der Fraktion noch eine Weile warten müssen, räumte er ein.

Die Debatte am Donnerstag könnte tatsächlich unangenehm werden, denn verschiedene Ortsverbände machen sich für einen inhaltlichen und personellen Neuanfang stark. Röwekamp möchte dagegen, dass zunächst ein Landesfachausschuss die Gründe für das schlechte Abschneiden der Partei ermittelt. Erst danach sollen Konsequenzen gezogen werden.

Die Kritik kommt aber nicht nur von enttäuschten Mitgliedern und Funktionsträgern auf Ortsebene. Der frühere Bürgerschaftsabgeordnete Bernd Hockemeyer – Unternehmer, Kunstmäzen und Bremer Ehrenbürger - meldete sich mit harscher Kritik an Röwekamps Führungsstil zu Wort. Auch der ehemalige Wirtschaftssenator und Präses der bremischen Handelskammer, Josef Hattig, und der frühere Bürgermeister Hartmut Perschau schrieben Röwekamp ins Stammbuch, dass er die Partei auf andere Weise führen müsse, um erfolgreich zu sein.

Bei einer Diskussion im Bremer Presse-Club räumte der gelernte Bankkaufmann und studierte Jurist Röwekamp kürzlich ein, dass er nach der Wahlniederlage über seinen Rücktritt nachgedacht habe. „Aber ich glaube nicht, dass es der CDU morgen bessergeht, wenn ich heute zurücktrete“, berichtete die „Kreiszeitung“ in Syke. Über seinen früheren Senatskollegen Jens Eckhoff ärgere er sich, weil dieser via Zeitung seinen Rücktritt gefordert habe. Solche Diskussionen gehörten in die Partei.

Eckhoff unterstützt die Forderung nach einer Urwahl, um einen neuen Vorsitzenden zu finden. „Die jetzige CDU-Spitze sollte zu ihrer Verantwortung stehen und sich einer Mitgliederbefragung stellen“, zitiert „die tageszeitung“ den früheren Bau- und Umweltsenator. Politikwissenschaftler Lothar Probst habe die Tragweiter die Niederlage deutlich gemacht. „Bei den Selbstständigen sind wir hinter die Grünen zurückgefallen“, sagte Eckhoff der Zeitung.

Nach Probsts Überzeugung muss sich Röwekamp der Frage nach seiner Verantwortung stellen. Die Eile seiner Wiederwahl als Fraktionschef sei „weder nötig noch politisch klug“ gewesen, sagte Probst. Die CDU brauche jetzt einen Vorsitzenden, der integrierend wirke. Röwekamp habe stattdessen alles getan, um die Parteiflügel weiter voneinander zu trennen, er habe eine Wagenburg um sich herum aufgebaut. Möglicherweise könne Mohr-Lüllmann später die richtige Integrationsfigur sein. Zunächst aber brauche die Bremer CDU einen Übergangskandidaten, der die Partei zusammenführe.

Ob die rund 3000 organisierten Christdemokraten an der Weser mehrheitlich ihrem Vorsitzenden weiter folgen wollen und ihm den Rücken stärken, oder ob Röwekamps Zeit an der Parteispitze nach gut drei Jahren zu Ende geht, wird sich möglicherweise bereits auf diesem Sonderparteitag entscheiden. (dpa/abendblatt)