Deutschland sollte bei der Auswahl von Migranten stärker auf Alter und Berufserfahrung achten, sagt Wirtschaftsexperte Prof. Thomas Straubhaar.

Hannover. Deutschland sollte aus Expertensicht bei der Zuwanderungspolitik deutlicher die eigenen Interessen in den Vordergrund stellen. „Das Augenmerk muss mehr auf wirtschaftliche Interessen und auf die besser qualifizierten Ausländer gerichtet werden“, sagte Prof. Thomas Straubhaar vom Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration in Hannover. Die wichtigsten Kriterien müssten Qualifikation, Sprache, Berufserfahrung und Alter sein. Auch wenn die Zuwandererzahlen deutlich gesunken und die Fortzüge von Ausländern zugenommen hätten, sei Deutschland nach wie vor ein sehr attraktives Land für Ausländer.

Allein in Niedersachsen hat sich die Zahl der Zuwanderer innerhalb von neun Jahren von 146.000 im Jahr 2000 auf 74.000 im vergangenen Jahr nahezu halbiert. Demgegenüber ist die Zahl der Ausländer, die das Land wieder verlassen haben, in diesem Zeitraum um 10.000 Menschen auf gut 66.000 gestiegen. „Vor 10 bis 20 Jahren gab es in Niedersachsen noch eine hoch arbeitsintensive Fahrzeugindustrie, die mittlerweile stark automatisiert wurde“, betonte Straubhaar. Daher hätten gering qualifizierte Menschen nun Probleme, einen Job zu finden. Hinzu komme, dass ein Großteil dieser einfacher Dienstleistungen innerhalb der EU oder von Pendlern sowie Saisonarbeitern aus Osteuropa erledigt werde.

Seit dem Anwerbestopp 1973 gebe es ohnehin keine wirtschaftlich motivierte legale Zuwanderung mehr aus Nicht-EU-Ländern nach Deutschland. „Der Großteil kommt aus humanitären Gründen wie Familienzusammenführung oder beantragt Asyl als (Bürgerkriegs-)Flüchtling“, betonte der 53 Jahre alte Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Hamburg. Zudem wollten viele Ausländer nicht mehr ihr gesamtes Berufsleben bis zur Rente in Deutschland bleiben. Diese Menschen könnten nicht mit denen aus der ersten Gastarbeiterwelle aus den 1960er Jahren verglichen werden.

Straubhaar, der auch Direktor des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) ist, regte an, dem Beispiel aus den USA zu folgen, und einen Teil der Aufenthaltsgenehmigungen per Lotterie zu vergeben. „Bei dieser weichen Alternative hätten auch einige wenige die Chance nach Deutschland zu kommen, die die harten Kriterien eines Punktesystems nicht erfüllen.“ In den USA werden einige sogenannte Green-Cards, die zum Bleiben in den Vereinigten Staaten berechtigen, verlost.