Im Nordosten ist die Betreuung für Menschen mit seelischen Problemen ungünstig. Patienten müssten bis zu einem Jahr auf einen Termin warten.
Rostock. Die ambulante Betreuung von Menschen mit psychischen Problemen in Mecklenburg-Vorpommern ist nach Ansicht vieler Experten schlecht. „Es gibt Schwierigkeiten für die Patienten, zeitnah einen Termin zu bekommen“, sagte Mandy Pawils von der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland in Rostock. Für Akutpatienten bestehe aber die Möglichkeit, sich an die Kassenärztliche Vereinigung (KV) zu wenden. Dort seien Adressen von Therapeuten erhältlich, bei denen kurzfristig Termine vergeben werden. Die übliche Wartezeit liegt nach Einschätzung von Therapeuten bei bis zu einem Jahr. Hauptsächliche Krankheitsbilder seien Depression und Ängste, fast jeder dritte Bundesbürger leidet einmal in seinem Leben an einer psychischen Erkrankung .
Am Sonntag (10. Oktober) ist der Tag der seelischen Gesundheit. Laut KV gibt es im ambulanten Bereich in Mecklenburg-Vorpommern derzeit 158 Psychotherapeuten. Auf Kinder und Jugendliche haben sich 25 Therapeuten spezialisiert. Nach KV-Angaben können derzeit beispielsweise in Rostock sechs Praxen für die Therapie von Kindern und Jugendlichen nicht besetzt werden, da wegen gesetzlicher Vorgaben zunächst eine Praxis im Uecker-Randow-Kreis besetzt werden muss. Es gebe aber derzeit gute Aussicht, dass dies bald erfolgen könnte, hieß es. Bis dahin könnten junge Menschen Hilfe bei anderen Psychotherapeuten suchen.
Mecklenburg-Vorpommern liegt nach Ansicht des Direktors der Universitätsklinik für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin, Wolfgang Schneider, bei der Versorgung von psychisch Kranken bundesweit „ganz weit hinten“. Vor allem auf dem Land könnte sie erheblich verbessert werden, „es gibt eine hohe Mangelversorgung“. Besser sehe es in größeren Zentren wie Rostock oder Schwerin aus.
Neben den niedergelassenen Therapeuten gebe es nur wenige psychotherapeutische Tageskliniken und zwei Kliniken mit stationären Angeboten in Rostock und Schwerin mit zusammen 60 Betten. Zudem böten einige psychiatrische Abteilungen Psychotherapie an, sagte Schneider. Neben den Problemen bei der Kinder- und Jugendpsychotherapie seien Lücken insbesondere bei der Familien-, Paar- und Sexualtherapie zu beklagen.
Nach Worten der Landesvorsitzenden der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung, Karen Franz aus Grevesmühlen, gibt es in allen ostdeutschen Bundesländern zusammengenommen weniger Psychotherapeuten als zum Beispiel in Berlin. Grund sei die sogenannte Bedarfsplanungsrichtlinie, die für Großstädte ein besseres Verhältnis zwischen der Zahl von Psychotherapeuten und Einwohnern vorsieht als für ländliche Regionen.
„So lange die hohe Krankheitshäufigkeit in Mecklenburg-Vorpommern und die bundesweit zu beobachtende Zunahme von psychischen Erkrankungen keine Berücksichtigung bei der Bedarfsplanung und bei der Bereitstellung von Geldern für zusätzliche psychotherapeutische Praxen finden, sind die langen Wartezeiten vorerst nicht beinflussbar“, sagte Franz.
„Die überlangen Wartezeiten können für Patienten fatale Folgen haben“, sagte die Sprecherin der Techniker Krankenkasse, Heike Schmedemann. Betroffene würden oft mit vielen Medikamenten behandelt und wüssten dann nicht mehr ein noch aus, bis sie sich in stationäre Behandlung begeben. Die Kosten, die dann entstehen, seien ungleich höher als bei einer ambulanten Behandlung.