Im Landtag wurde heftig über den Atomkompromiss gestritten. Für Niedersachsen sei der Beschluss unverantwortlich und riskant, so die Kritiker.

Hannover. Nach der Einigung der schwarz-gelben Bundesregierung zu längeren Atomlaufzeiten haben sich im niedersächsischen Landtag die Fronten verhärtet . Auch die ungelöste Frage der Endlagerung des hoch radioaktiven Mülls aus den Atommeilern bleibt ein heißes Eisen. Landespolitiker der Grünen und Linken kündigten am Mittwoch im Landtag in Hannover an, sie wollten sich im November an den Protestaktionen gegen den Castor-Transport mit Atommüll ins Zwischenlager Gorleben beteiligen. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) rechnet damit, dass in rund zwei Monaten mehr gewaltbereite Demonstranten ins Wendland kommen als beim vergangenen Transport 2008.

Ministerpräsident David McAllister (CDU) betonte unterdessen, es dürfe keine Vorfestlegung auf den Salzstock Gorleben als Atomendlager geben. Dies war auch eine Reaktion auf die Äußerung des baden-württembergischen CDU-Fraktionschefs Peter Hauk. Dieser hatte gesagt: „Ich gehe davon aus, dass Gorleben es wird.“ Der niedersächsische CDU-Fraktionsvorsitzende Björn Thümler ging dann noch weiter als Regierungschef McAllister. Er hatte der Nachrichtenagentur dpa am Dienstag gesagt, neben Gorleben sollten sich auch die süddeutschen Länder nach Endlager-Standorten umsehen.

Die SPD rief am Mittwoch dazu auf, es müsse sofort mit der Suche nach neuen Alternativen zu Gorleben begonnen werden. In einer teils emotional aufgeladenen Debatte im Landtag forderte die Opposition den Ministerpräsidenten auch auf, er solle das Energiekonzept der Bundesregierung ablehnen. SPD, Grüne und Linke halten längere Laufzeiten für Atomkraftwerke gerade für das Land Niedersachsen, das besonders hohe Lasten aus der Atomstrom-Produktion trägt, für unverantwortlich und riskant.

Regierungschef McAllister betonte, Niedersachsen habe seinen Einfluss bei der Bundesregierung geltend gemacht. Das Land könne vor allem von der wachsenden Bedeutung der erneuerbaren Energien profitieren. In einem Brief an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will er Klarheit darüber, wie stark Niedersachsen von den zusätzlichen Zahlungen der Energiekonzerne profitieren kann. Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) bezeichnete das Energiepapier der schwarz-gelben Bundesregierung als Konzept mit Augenmaß und Vernunft.

„Sie müssen zeigen, ob sie nur eine große Klappe haben oder auch den Mumm, gegen die unverantwortlichen Beschlüsse vorzugehen“, sagte Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel zu Ministerpräsident McAllister. Die CDU argumentierte dagegen, Ziel der Bundesregierung sei eine „sichere, saubere und bezahlbare Energieversorgung“. Der atompolitische Sprecher der Linken, Kurt Herzog, will den Protest rund um Gorleben im Kreis Lüchow-Dannenberg im November unterstützen: „Wir werden uns wehren gegen diese Autokratie von oben.“ Die SPD wetterte: „Die Sicherheit der Bürger wird verkauft, das ist ein fauler Kompromiss“.