Während Lokalpolitiker von CDU und SPD eine weitere Erkundung des Salzstocks befürworten, wehren sich Bürger und Bauern gegen das geplante Endlager.
Hannover/Gartow. Das Endlager-Projekt für hoch radioaktiven Atommüll in Gorleben hat tiefe Gräben zwischen Atomkraftgegnern und Befürwortern aufgerissen. Die Lokalpolitiker von CDU und SPD in der Samtgemeinde Gartow unterstützen das Vorhaben von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU), den Salzstock nach zehnjähriger Unterbrechung weiter zu erkunden.
Dagegen blockierten am Mittwoch Bauern im Wendland aus Protest gegen die Atompolitik vier Stunden lang eine Fernstraße zwischen Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Die Demonstranten lösten mit ihrer Aktion an der Brücke über die Elbe zwischen Dannenberg und Dömitz lange Staus aus.
Parteien fordern Finanzhilfen für Endlager
CDU und SPD in der Region Gorleben fordern von der Bundesregierung unterdessen Finanzhilfen, falls dort ein Endlager für hoch radioaktiven Atommüll gebaut werden sollte. Auch ein mit Experten besetztes Informationszentrum am Standort Gorleben solle wiedereröffnet werden, sagte Hans-Joachim Schenk, CDU-Fraktionschef in der Samtgemeinde Gartow, zu der Gorleben gehört, der Deutschen Presse-Agentur.
Er hatte gemeinsam mit dem örtlichen SPD-Fraktionschef an Bundesumweltminister Röttgen geschrieben. Dieser habe erklärt, dass er zu einem Gespräch bereit sei, sagte Schenk. Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg kritisierte das Schreiben an Röttgen als Bettelbrief. „Die Gartower Lokalpolitiker erweisen sich einmal mehr als politisch käufliche Kirchturmpolitiker, unverhohlen sind sie im Kern auf Bares aus.“
Die Sozialdemokraten vor Ort verfolgen mit ihrer Unterstützung für Röttgen einen anderen Kurs als die Partei auf Landes- und Bundesebene, die eine alleinige Erkundung Gorlebens als Endlager für hoch radioaktiven Atommüll ablehnt. In dem Brief der beiden Fraktionschefs an Röttgen heißt es, Bund, Land und Energiewirtschaft sollten „konkrete, auch finanzielle, Unterstützung“ bereitstellen. Sie erhoffen sich einen Aufschwung in der Standortregion.
„Hierzu brauchen wir Arbeitsplätze auch außerhalb der Entsorgungsanlagen und eine Verkehrsinfrastruktur (Wasser, Schiene, Straße), die uns an die Metropolregion Hamburg heranführt“, schreiben die Fraktionschefs. Ihr „Positionspapier“ ging unter anderem auch ans Bundeskanzleramt. Schenk sagte außerdem: „In Gartow haben wir ein Problem mit der Anbindung an die Autobahn.“
Bürgerinitiative: Brief verschärft die Debatte
Als Ausgleich aus der Ansiedlung des Zwischenlagers in Gorleben, in dem Atommüll-Behälter oberirdisch gelagert werden, erhält die Samtgemeinde bereits rund 840 000 Euro jährlich. Vor allem fordern die Politiker ein Informations- und Kongresszentrum, um die Bevölkerung zu unterrichten.
In dem Brief ist auch von einer „Plattform“ die Rede, die der Bund finanzieren solle. Sie müsse so mit Personal ausgestattet sein, dass eine aktive Öffentlichkeitsarbeit gewährleistet sei. „Wir wollen hiermit einen ernsthaften Versuch zur Befriedung der Situation gegenüber einem großen Teil der Bewohner unserer Region einbringen“, schreiben die CDU- und SPD-Fraktionschefs.
Die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg wetterte, der Brief der Fraktionschefs befriede nicht, sondern verschärfe die Debatte in der Region. Anders als der CDU-dominierte Rat der Samtgemeinde Gartow ist die Mehrheit des Kreistages außerdem gegen das Endlagerprojekt in Gorleben. Auch die atomkritischen CDU/CSU-Mitglieder – die Christlichen Demokraten gegen Atomkraft – teilten am Mittwoch mit, Gorleben sei als Endlager inakzeptabel.
Landwirte sperrten am Mittwoch mit rund 20 Schleppern die Elbebrücke auf der Bundesstraße zwischen Dannenberg und Dömitz (Mecklenburg-Vorpommern). Nach Polizeiangaben demonstrierten rund 100 Menschen gegen die weitere Erkundung des Salzstocks Gorleben. Die Polizei löste dieDemonstration am Nachmittag auf. Auto- und Lastwagenfahrer reagierten laut Polizei teils aggressiv auf das Verkehrschaos.