Herstellung neuer Impfstoffe nicht in kürzester Zeit möglich. Impfstoffe könnten bald knapp werden. Kritik an dem Vertrag mit Novartis.
Hamburg. „Die Kassen müssen vom Vertrag mit Novartis zurücktreten, damit die Bevölkerung vernünftig versorgt werden kann.“ Das forderte Prof. Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer und Präsident der Ärztekammer Hamburg gegenüber dem "Hamburger Abendblatt" (Freitagausgabe), nachdem das Paul-Ehrlich-Institut die Freigabe von mehreren Chargen der Grippeimpfstoffe Begripal und Fluad nach dem Bekanntwerden von Ausflockungen in den Präparaten des Herstellers Novartis zurückgenommen hatte.
Von einem „unhaltbaren Zustand“ sprach auch Dr. Michael Späth, Vorsitzender der Vetreterversammlung aus dem Beirat der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg. „Der Vertrag muss mit sofortiger Wirkung weg. Es ist ein dilettantischer Vertrag, bei dem am Ende jetzt alles teurer wird, und das bei einer schlechteren Versorgung für die Patienten. Die Kassen sind noch nicht so weit, dass sie solche Verträge schließen sollten.“
Hamburger Ärztekammer rechnet mit Engpass
Nachdem das Unternehmen Novartis einen Teil seiner Medikamente vom deutschen Markt genommen hat, könnten Grippeimpfstoffe schon bald knapp werden. Der Vizepräsident der Ärztekammer Hamburg, Klaus Schäfer, befürchtet, dass es Ende des Jahres Engpässe geben wird. Zwar gebe es alternative Impfstoffe, es sei aber zu befürchten, dass diese den Ausfall nicht kompensieren können. Neue Impfstoffe ließen sich nicht innerhalb kürzester Zeit herstellen, sagte Schäfer weiter.
Der 68-Jährige geht zudem davon aus, dass es weniger Impfungen geben wird. Grund hierfür sei der verspätete Beginn der Behandlung. Dadurch verkürze sich der Zeitraum für die Impfungen von drei auf zwei Monate, sagte Schäfer. Künftig werde sicherlich genauer hingeschaut, ob die Notwendigkeit bestehe, einen Patienten gegen Grippe zu impfen.
Ein Sprecher der Hamburger Gesundheitsbehörde betonte, die Situation sei so schon sehr misslich. Wenn nun noch ein weiterer Impfstoff zurückgezogen werde, mache es das nicht besser.
Das Paul-Ehrlich-Institut hatte mitgeteilt, dass Novartis auch in Deutschland die Freigabe für einen Teil der Produkte zurückgenommen hat. Das Unternehmen habe sich bereit erklärt, vier Chargen des Impfstoffs Begripal und eine Charge des Mittels Fluad unverzüglich zurückzurufen.