Das ehemalige Pfarr- und Gemeindehaus aus rotem Klinker reiht sich unauffällig in das Bramfelder Stadtbild ein. Und trotzdem unterscheidet es sich von seinen Nachbarhäusern. Denn hier wohnt keine konventionelle Familie, sondern die protestantisch-ökumenisch geprägte diakonische Basisgemeinschaft "Brot & Rosen". Deren Kernmitglieder sind das Ehepaar Dietrich (40) und Ute (40) Gerstner, beide studierte Theologen, mit drei Kindern Joel (5), Elias (2½ ) und Daniel (2½ ) sowie die alleinerziehende Mutter Birke Kleinwächter (42) mit Sohn Jonas (9) und Tochter Lea-Susanne (1½ ).

Der Tradition der amerikanischen Glaubensgemeinschaft Catholic Workers folgend, die in den 1930er Jahren entstand und christliches Handeln mit politischem Engagement verbindet, will "Brot & Rosen" mit ihrem Lebensentwurf dem Konsumdenken Verzicht entgegensetzen, der Orientierungslosigkeit gelebten christlichen Glauben, gepaart mit politischem Engagement, der Vereinsamung ein Leben in der Gemeinschaft - zusammen mit Flüchtlingen, die von Abschiebung bedroht sind und hier Kost und Logis, aber auch praktische Lebenshilfe erhalten, bis hin zur Vermittlung an professionelle Beratungsstellen, Behörden oder Ärzte im Krankheitsfall.

Wer in das "Haus der Gastfreundschaft" einzieht, bestimmt die Kerngruppe von "Brot & Rosen". Zur Zeit teilen sich 20 Bewohner - die Kerngruppe, fünf Flüchtlinge mit zwei Kindern, drei Novizinnen und zwei Freiwillige - die Räumlichkeiten mit Gemeinschaftsküche, -eßraum und -wohnzimmer.

Wer das "Haus der Gastreundschaft" betritt, muß vor allem eines sein: lärmresistent. So wird der Rundgang durch die Räume im Parterre, im Keller und im ersten Obergeschoß von einer permanente Geräuschkulisse begleitet. Im Flur klingelt das Telefon, aber Dietrich kann den Hörer nicht abnehmen, weil er sich gerade mit einem Besucher unterhält, während aus der Küche fröhliches Geschnatter, durchdrungen von Kinderstimmen dröhnt und im Wohnzimmer das Fernsehen läuft: Zwei muslimische Flüchtlinge verfolgen interessiert die Übertragung der Papstbeerdigung.

Birke Kleinwächter fühlt sich in dieser Gemeinschaft wohl. "Wir führen ein geschenktes Leben", sagt die studierte Theologin und Sozialpädagogin, die acht Jahre im Rauhen Haus gearbeitet hatte und 2000 arbeitslos geworden war. Weil sie trotz unzähliger Bewerbungen keinen Job fand, engagierte sie sich nach einem USA-Aufenthalt als externe Freiwillige bei "Brot & Rosen" und zog dort schließlich mit ihrem Sohn Jonas ein.

Geschenktes Leben? Tatsächlich lebt "Brot & Rosen" vornehmlich von Kleider- und Möbelspenden, abgesehen von einigen Honorareinnahmen der Kernmitglieder, die in den Gesamtetat einfließen. Die Hamburger Tafel, ein Bioladen und Einzelpersonen versorgen die Gemeinschaft täglich mit Lebensmitteln. Klingt aus der Perspektive einer alleinerziehenden Mutter, die auch den familiären Lebensunterhalt selbst bestreitet, nach einer modernen Version des Grimmschen Märchens "Tischlein deck dich".

Falsch, denn wer den Tisch deckt oder abräumt, das gemeinsame Mittagessen (kalt) und das Abendessen (warm) zubereitet, wird per wöchentlich wechselndem Dienstplan geregelt. Auf einem separaten Putzplan ist fixiert, wie oft und von wem die Räume, Balkon und Terrasse gereinigt und die Blumen gegossen werden. Für den Müll sind alle zuständig.

Jährlich am Ostermontag erneuern die Mitglieder von "Brot & Rosen" ihre Zugehörigkeit zur Gemeinschaft.

"Ich sehe mich hier alt werden", sagt Birke Kleinwächter, ohne heute zu wissen, wovon sie morgen ohne Altersvorsorge leben soll.

"Jeder Tag sorgt für sich selbst", heißt es in der Bergpredigt. Ein bißchen anders als in anderen Häusern läuft das Leben im roten Klinkerbau in Bramfeld eben doch.

Eine WG der besonderen Art ist die diakonische Basisgemeinschaft BROT & ROSEN. Sie verbindet christlichen Glauben mit politischem Engagement und setzt sich für die Rechte von Flüchtlingen ein, denen sie in ihrem "Haus der Gastfreundschaft" Kost und Logis bietet, aber auch praktische Lebenshilfe. Ein Besuch vor Ort.