Der ehemalige Berliner Innensenator Eckhard Körting (SPD) ist im Zuge weiterer Pannen im NSU-Skandal von seinem Posten zurückgetreten.
Berlin. Die Pannenserie im Zusammenhang mit den Ermittlungen zur Zwickauer Terrorzelle NSU hat zu einem weiteren Rücktritt geführt. Wegen der Zusammenarbeit des Berliner Landeskriminalamtes (LKA) mit einem mutmaßlichen NSU-Helfer zog sich der ehemalige Berliner Innensenator Eckhard Körting (SPD) aus der Bund-Länder-Komission zur Aufarbeitung des Rechtsterrorismus zurück. Auch Körtings Amtsnachfolger Frank Henkel (CDU) gerät immer weiter unter Druck. Einem Medienbericht zufolge wusste das LKA offenbar schon früher von den Ermittlungen gegen den Ex-V-Mann als bisher bekannt.
Der mutmaßliche Unterstützer der Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU), Thomas S., war zwischen 2001 und 2011 Informant des Berliner LKA. Mindestens fünf Mal soll er den Ermittlern Hinweise auf das untergetauchte Trio geliefert haben. Obwohl bereits im Januar dieses Jahres ein Ermittlungsverfahren gegen S. eingeleitet wurde, beichtete das Berliner LKA der Karlsruher Bundesanwaltschaft die Kooperation nach Darstellung des "Spiegel“ erst im März.
Nach Informationen von "Spiegel Online“ erhielt die Behörde allerdings spätestens Anfang Februar 2012 ein geheimes Lagebild der Sonderkommission "Trio“ des Bundeskriminalamtes (BKA), in dem diese über die Ermittlungen gegen den mutmaßlichen NSU-Unterstützer und ehemaligen V-Mann Thomas S. berichtete. Ein Sprecher Henkels, dem das LKA untersteht, war für eine Stellungnahme am Montag nicht zu erreichen.
Der Großteil der Kooperation zwischen dem LKA und dem V-Mann fiel allerdings in Körtings Amtszeit. Am Montag trat er aus der Bund-Länder-Kommission zur Aufarbeitung des Rechtsterrorismus zurück, wie der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Mecklenburg-Vorpommerns Ressortchef Lorenz Caffier (CDU), in einem Schreiben bestätigte. Körting wolle jeden Anschein der Befangenheit vermeiden, hieß es darin.
Der frühere Senator will aber von den Vorgängen nichts gewusst haben. Ihm sei erst jetzt bekannt geworden, dass das Land Berlin einen Bezug zu den drei NSU-Mitgliedern gehabt habe, ließ Körting über Caffier mitteilen.
Die IMK hatte im Dezember 2011 die vierköpfige Bund-Länder-Kommission eingesetzt, um die Versäumnisse bei der Aufklärung der NSU-Verbrechen zu untersuchen. Neben Körting wurden der Münchner Rechtsanwalt Eckhart Müller, der frühere Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof, Bruno Jost, und der ehemalige Hamburger Innensenator Heino Vahldieck (CDU) in das Gremium berufen.
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Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte zu Körtings Rückzug: „Grundsätzlich bedauern wir den Schritt.“ Der Ex-Senator habe hervorragende und engagierte Arbeit geleistet. Es sei nun wichtig, dass schnell ein Nachfolger gefunden werde und das Gremium seine Tätigkeit ungehindert fortsetzen könne. Für die Neubesetzung des frei gewordenen Postens seien die Länder verantwortlich.
Bundes- und Landespolitiker zeigten sich am Montag weiterhin verärgert über die Berliner NSU-Affäre. Vor allem wurde mangelnde Kooperationsbereitschaft der Behörden bemängelt. Der Vorsitzende des Bundestags-Untersuchungsausschusses, Sebastian Edathy (SPD), sprach im ZDF von einem „Skandal“. Auch Ausschussmitglied Hans-Christian Ströbele (Grüne) monierte im RBB-Inforadio: „Wir kriegen immer nur das, wo wir aus anderen Quellen wissen, dass es da was geben muss.“
Vor diesem Hintergrund forderte Ausschussmitglied Petra Pau (Linke) Innensenator Henkel auf, unverzüglich alle Informationen auf den Tisch zu legen. Er solle sich "alle Akten unter den Arm klemmen und sie höchstselbst zum Bundestag tragen. Das dauert 20 Minuten“, sagte Pau. Die SPD-Obfrau im Ausschuss, Eva Högl, stellte Henkel sogar ein Ultimatum: "Entweder der Berliner Innensenator übermittelt alle vorhandenen Akten über die Werbung und Abschöpfung des V-Manns unmittelbar dem Ausschuss, oder er muss zurücktreten“, sagte sie "Spiegel Online“.
Am Dienstag (18. September) wird sich Henkel im Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses zu den Vorgängen äußern. Nach Informationen von "Spiegel Online“ sicherte Berlins stellvertretende Polizeichefin Margarete Koppers zudem zu, dass die Akten über Thomas S. ab Dienstagmittag für die Aufklärer des Bundestages verfügbar gemacht würden.