Der scheidende Verfassungsschutz-Chef Heinz Fromm sieht seine Behörde durch die NSU-Akten-Affäre in seinen Grundpfeilern beschädigt.
Berlin. Der scheidende Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, hat bei seiner Befragung vor dem NSU-Untersuchungsausschuss gravierende Fehler eingeräumt. Die Mordserie der Neonazi-Terrorzelle sei „eine schwere Niederlage für die deutschen Sicherheitsbehörden“, sagte Fromm am Donnerstag vor dem Bundestagsgremium. Seine eigene Behörde habe möglicherweise zu „borniert“, zu „engstirnig“ ermittelt.
Der Verfassungsschutz sei zudem durch die Akten-Affäre in seinem Ansehen erheblich geschädigt worden. Die Folgen für die Funktionsfähigkeit der Behörde seien kaum vorhersehbar. Er könne sich immer noch nicht erklären, wie es zu dem Vorfall kommen konnte. Fromm bekräftigte, mit seinen Rücktritt habe er den Weg für einen „personellen Neuanfang“ freimachen wollen. Auch der Präsident des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, hatte bei seiner Befragung durch den Ausschuss vor einer Woche eingestanden: „Wir haben versagt.“
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Der Verfassungsschutz steht wie die Polizei seit Monaten wegen Ermittlungsfehlern im Fall der im November aufgeflogenen Neonazi-Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) in der Kritik. Die Gruppe agierte mehr als ein Jahrzehnt unentdeckt von den Behörden im Untergrund und ermordete bundesweit zehn Menschen.
Vergangene Woche war überdies bekannt geworden, dass im Verfassungsschutz just nach Auffliegen der Terroristen Akten zum Fall des NSU geschreddert wurden. Fromm hatte daraufhin seinen Rückzug vom Amt zum Ende des Monats angekündigt.
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Die Befragung des für die Aktenvernichtung verantwortlichen Referatsleiters des Verfassungsschutzes durch den Ausschuss führte nicht zu mehr Klarheit. Der Ausschussvorsitzende, Sebastian Edathy (SPD), sagte nach der Vernehmung, der Verfassungsschützer habe sich auskunftswillig gezeigt, jedoch zu Einzelheiten seine Aussage verweigert. Gegen den Beamten wird derzeit dienstrechtlich ermittelt.
Der frühere Koordinator der Nachrichtendienste im Kanzleramt, Bernd Schmidbauer, empfahl, das Spitzenpersonal des Verfassungsschutzes auszuwechseln. „Um einen Neuanfang möglich zu machen, sollte sich der Verfassungsschutz personell an der Spitze komplett erneuern“, sagte Schmidbauer der Nachrichtenagentur dapd.
Der CDU-Politiker hält nichts davon, den Stellvertreter des scheidenden Präsidenten Heinz Fromm, Alexander Eisvogel, ins höchste Leitungsamt aufsteigen zu lassen. „Jetzt Stellvertreter zu Nachfolgern zu machen wäre der falsche Weg“, sagte Schmidbauer. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hatte angekündigt, sich bei der Personalentscheidung Zeit lassen zu wollen.
mit Material von dapd