Die Fraktionen von FDP, Grünen und die Linken forden den Geheimdienst der Bundeswehr aufzulösen. De Maizière gerät in Erklärungsnot.
Berlin. Wegen des geheimen Gesprächs mit NSU-Terrorist Uwe Mundlos gerät der Militärische Abschirmdienst (MAD) massiv unter Druck. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) verlangte am Mittwoch den Geheimdienst der Bundeswehr aufzulösen. Die Bundestagsfraktionen von FDP und Grünen sowie die Linken schlossen sich dieser Forderung an. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) beteuerte, die Regierung tue alles, um die Vorgänge aufzuklären. Derweil gerät auch Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) aufgrund der Affäre in Erklärungsnot.
Am Dienstag war im NSU-Untersuchungsausschuss bekannt geworden, dass der MAD versucht haben soll, den späteren NSU-Terroristen Mundlos 1995 während seiner Zeit als Wehrdienstleistender als Informanten zu werben. MAD-Präsident Birkenheier bestreitet jedoch, dass es sich bei den Kontakten um einen Anwerbeversuch gehandelt habe. Die rechte Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) wird für zehn Morde verantwortlich gemacht.
De Maizière frühzeitig über Mundlos-Kontakt informiert
Der MAD wusste eigenen Angaben zufolge bereits im März über den Kontakt zu Mundlos 1995 Bescheid, das Verteidigungsministerium spätestens seit dem 12. März. Kurz danach sei vermutlich auch Minister de Maizière in Kenntnis gesetzt worden, sagte sein Sprecher. Doch erst durch eine parlamentarische Anfrage des Grünen-Abgeordneten Christian Ströbele von Ende August wurde der Vorfall nun dem NSU-Untersuchungsausschuss bekannt.
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+++ Wollte der MAD NSU-Terroristen anwerben? +++
De Maizières Sprecher wies den Vorwurf zurück, der Minister habe den Untersuchungsausschuss nicht ausreichend informiert. Die Zusammenarbeit mit dem Ausschuss sei nicht Aufgabe des Ministers, „sondern das ist Angelegenheit des steuernden Referates gegenüber dem Ausschuss“. Der Minister sei in dieser Hinsicht nicht „sein erster Referent des Hauses, sondern er ist immer noch der Minister“, betonte der Sprecher.
Edathy glaubt MAD-Chef nicht
Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses zum Rechtsterror, Sebastian Edathy (SPD), zweifelte derweilen die Aussage von MAD-Präsident Birkenheier an, wonach der Geheimdienst Mundlos nicht als Informant werben wollte. Der SPD-Politiker sagte, er wundere sich, dass Birkenheier „ausschließen kann, dass eine Anwerbung geplant gewesen ist“. Birkenheier sei schließlich erst seit Juli im Amt, sagte Edathy im rbb-Inforadio.
Edathy sagte weiter: „Ich halte es für unglaublich, für unsensibel, wenn nicht bösartig, dass uns über ein halbes Jahr lang verschwiegen worden ist, dass es einen Kontakt zwischen einem Terrorverdächtigen und dem MAD gab.“ Das sei ein ziemlicher Skandal. Im Oktober soll Birkenheier vor den Ausschuss geladen werden.
Auflösung der Geheimdienste gefordert
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte, es könne „nur einen Weg geben: nämlich diese Behörden aufzulösen und einen kompletten personellen Neuanfang zu starten“. Die Vertuschungsversuche belegten, „dass diese Dienste in dieser Form nicht zu reformieren sind“, sagte der Grünen-Politiker im Deutschlandfunk.
Auch der rechtspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Ahrendt, hält den MAD für verzichtbar. „Eines steht fest, der MAD hat einmal mehr bewiesen, dass er überflüssig ist“, sagte Ahrendt dem „Tagesspiegel“ (Donnerstagausgabe).
Der Bundesgeschäftsführer der Linken, Matthias Höhn, sagte, die deutschen Inlandsgeheimdienste hätten „sich selbst jede Legitimationsgrundlage entzogen“. Der Verdacht, dass die braune Terrorzelle unter den Augen von MAD und Verfassungsschutz mordete, sei immer noch nicht ausgeräumt.