Kanzlerin mahnt, Außenminister warnt – doch die CSU spricht weiter über Euro-Aus für Griechenland. Hollande empfängt Samaras.
Berlin/Paris. Einer klaren Mahnung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Trotz befeuert die CSU neuen Koalitionsstreit über ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sagte der „Bild am Sonntag“, an einem Austritt des hoch verschuldeten Landes aus der Gemeinschaftswährung führe kein Weg vorbei: „Ich sehe Griechenland 2013 außerhalb der Euro-Zone.“ Athen sollte aber eine Rückkehroption bekommen. Dagegen rief Außenminister Guido Westerwelle (FDP) zur Zurückhaltung auf: „Das Mobbing gegen einzelne Euro-Länder aus parteipolitischem Kalkül muss aufhören.“ Die SPD forderte, Athen nicht aus der Währungsunion herauszutreiben.
+++Griechenland-Mobbing muss aufhören: Westerwelle kritisiert CSU+++
+++Samaras beklagt schrille Töne aus Berlin+++
Merkel hatte nach einem Gespräch mit dem neuen griechischen Premier Antonis Samaras am Freitag in Berlin gesagt, es sei „Ziel der gesamten Bundesregierung, dass Griechenland Teil der Eurozone ist“. Sie kenne auch „niemanden in den Regierungsfraktionen, der das nicht will“. Athen könne von Deutschland zu Recht erwarten, „dass wir keine vorschnellen Urteile fällen“. Eine belastbare Grundlage sei erst der Bericht über die Umsetzung der Sparauflagen, den die Troika aus EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds wohl im September vorlegen will. Merkel pochte zugleich darauf, dass Griechenland die vereinbarten Auflagen einhalten müsse.
Westerwelle betonte am Samstag in Oslo: „Es ist falsch, vor dem Bericht der Troika ohne ausreichende Faktenlage über Griechenland zu urteilen.“ Er warnte mit Blick auf Dobrindts Äußerungen: „Das verhärtet nicht nur die Gespräche. Das schadet auch dem Ansehen Deutschlands.“ FDP-Generalsekretär Patrick Döring sagte der „Bild am Sonntag“: „Wer glaubt, ein Austritt Griechenlands würde am Ende preiswerter, der macht sich was vor.“ Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) forderte im Nordwestradio, Deutschland solle alles tun, um Griechenland in der Euro-Zone zu halten.
Die SPD kritisierte die CSU-Forderung. „Griechenland darf nicht aus der Währungsunion herausgetrieben werden – auch nicht durch die Reden deutscher Politiker“, sagte Hamburgs Erster Bürgermeister und SPD-Vize Olaf Scholz der „Welt am Sonntag“. Dies verschärfe die Vertrauenskrise und verteuere die Euro-Rettung. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, nannte die Koalition eine Chaostruppe: „Wenige Stunden nach Merkels Bekenntnis zur Griechenlandhilfe fällt die CSU ihr schon wieder in den Rücken.“
Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) warnte, niemand könne mit Gewissheit sagen, was bei einem Ausscheiden Griechenlands passiere. „Es gibt aber erhebliche Risiken, und ich rate dringend dazu, diese Risiken nicht heraufzubeschwören“, sagte er dem Magazin „Focus“. Man dürfe Athen nicht aus dem Euro drängen. „Wir als Deutsche sollten uns dem entgegenstellen.“ Oettinger rief dazu auf, europafeindliche Töne aus Wahlkämpfen herauszuhalten, auch in Bayern.
Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Hans Heinrich Driftmann, hob das Interesse der Wirtschaft am Erhalt des Euroraums hervor. Er glaube, dass das, was von den Mittelmeeranrainern erwartet würde, so nicht erfüllbar sei, sagte er im Deutschlandradio Kultur. Man müsse über Maßnahmen nachdenken, diesen Ländern ein bisschen stärker zu helfen.
Der CSU-Bundestagsabgeordnete Thomas Silberhorn sagte dagegen dem „Focus“: „Ein Land, das nicht in der Lage ist, dauerhaft wettbewerbsfähig zu sein innerhalb der Euro-Zone, stellt sich besser außerhalb.“ Man müsse eine Lösung finden, „die gesichtswahrend auch für die Griechen ist“.
Der französische Präsident François Hollande will Griechenland auf jeden Fall in der Eurozone halten. Allerdings betonte auch er nach einem einstündigen Treffen mit dem griechischen Ministerpräsidenten Antonis Samaras in Paris, dass Athen seine Glaubwürdigkeit unter Beweis stellen müsse.
Samaras zeigte sich zuversichtlich. „Griechenland wird es schaffen, in der Eurozone zu bleiben.“ Es gebe gemeinsame Probleme, aber auch gemeinsame Hoffnung. „Ein Erfolg Griechenlands wird ein Erfolg Europas sein.“
Dafür müsse Griechenland „natürlich Verpflichtungen eingehen und Anstrengungen unternehmen“, versprach Samaras. Zusätzlich bedürfe es eines wirtschaftlichen Wachstums. „Wir können unsere Ziele erreichen und unsere Verpflichtungen einhalten.“ Dabei müsse jedoch der soziale Zusammenhalt gewahrt werden.
Wie bereits Bundeskanzlerin Angela Merkel am Vortag machte auch Hollande am Samstag Griechenland zunächst keine Hoffnung auf Lockerungen beim Sparpaket. Nach dem Treffen mit Samaras vermied Hollande in seiner Stellungnahme inhaltliche Festlegungen. Auch zur Diskussion über neue Fristen für Griechenland sagte Hollande nichts.
Samaras will zwei Jahre Aufschub für das griechische Sparpaket. Dazu hatte schon Merkel nichts verlauten lassen. Auch die Kanzlerin hatte betont, Griechenland müsse die Zusagen umsetzen und Worten Taten folgen lassen
Mit Material von dpa