Regierungschef Samaras: Griechenland braucht mehr Zeit, nicht mehr Geld - CDU-Fraktionschef: keine Nachbesserungen am Zeitplan - Brüderle (FDP) : Zeitachse für Reformen darf nicht verschoben werden
Athen/Berlin. Das von der Pleite bedrohte Griechenland trifft mit seiner Forderung nach mehr Zeit für Reformen in der deutschen Regierung auf Ablehnung. „Die Kernzeitachse, die das Reformprogramm bis 2014 festlegt, darf nicht verschoben werden“, mahnte FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle am Mittwoch mit Blick auf den Besuch von Ministerpräsident Antonis Samaras bei Bundeskanzlerin Angela Merkel am Freitag in Berlin. Brüderles Unionskollege Volker Kauder stieß ins selbe Horn und schloss „Nachbesserungen“ am Terminplan kategorisch aus. Samaras hatte vor dem geplanten Treffen mit Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker in Athen am Mittwoch einen Aufschub bei den Reformauflagen gefordert, um die Wirtschaft rasch in Gang zu bringen und die Staatseinnahmen zu erhöhen.
+++ Samaras bezeichnet Rückkehr zur Drachme als "Katastrophe" +++
„Alles, was wir wollen, ist ein wenig Luft zum Atmen“, sagte Samaras der „Bild“-Zeitung. „Mehr Zeit bedeutet nicht automatisch mehr Geld“. Dieser Punkt dürfte auch bei den Gesprächen Samaras in Athen und in Berlin ganz oben auf der Tagesordnung stehen. Am Donnerstag trifft der griechische Regierungschef zudem den französischen Präsidenten Francois Hollande in Paris, um über die Schuldenkrise zu sprechen.
Die Niederlande, die wie Deutschland als besonders stabilitätsorientiertes Land gelten, äußerten sich bereits ablehnend: Finanzminister Jan Kees de Jager hält den griechischen Wunsch für „keine gute Idee“. Haushaltskürzungen und Reformen dürften nicht aufgeschoben werden. Auch FDP-Fraktionschef Brüderle ermahnte Samaras im Gespräch mit „Spiegel-Online“, nicht vom vereinbarten Kurs abzuweichen: „Er möge die Zusagen, die er gegenüber der Troika gemacht hat, nun endlich auch einhalten.“ Samaras muss noch vor der Inspektionsreise der Troika aus EU, IWF und EZB im September die versprochenen Einsparungen in Höhe von 11,5 Milliarden Euro gegen Widerstand im eigenen Land durchsetzen. Ansonsten drohen die Kreditgeber, den Geldhahn endgültig zuzudrehen.
Einem hochrangigen Vertreter des griechischen Finanzministeriums zufolge muss die Regierung in den kommenden beiden Jahren sogar mehr Geld auftreiben als bislang berechnet. Der Staat müsse weitere zwei Milliarden Euro einsparen oder zusätzlich zusammenkratzen, um die mit seinen Geldgebern im Gegenzug für die Hilfe vereinbarten Ziele zu erreichen, sagte der Vertreter der Nachrichtenagentur Reuters. Wegen der schlechten Wirtschaftslage und schleppender Steuereinnahmen seien insgesamt 13,5 Milliarden Euro nötig, damit netto der verabredete Effekt von 11,5 Milliarden Euro erreicht werde.
Samaras: Rückkehr zur Drachme wäre Katastrophe
Unionsfraktionschef Kauder forderte Samaras mit Blick auf dessen Planspiele für einen Aufschub bei den Reformen auf, die Mitgliedschaft in der Währungsgemeinschaft zu überdenken: „Wenn einer die Anforderungen nicht mehr erfüllen kann, muss er selbst die Entscheidung über den Verbleib in der Euro-Zone treffen“, sagte Kauder der „Passauer Neuen Presse“.
Samaras selbst warnte vor Unruhen in seinem Land, sollte es die Euro-Zone verlassen und zur Drachme zurückkehren. „Ein Alptraum für Griechenland: wirtschaftlicher Kollaps, soziale Unruhen und eine nie dagewesene Krise der Demokratie“, sagte er. Dann drohe seinem Land ein Schicksal wie in der Weimarer Republik, nach der die Nationalsozialisten an die Macht kamen. Nach seinen Worten ist nach einem Euro-Ende mit einer Arbeitslosigkeit von mehr as 40 Prozent zu rechnen, mit fünf weiteren Rezessionsjahren und einem drastischen Rückgang des Lebensstandards. „Welche Gesellschaft, welche Demokratie könnte das überleben?“, fragte er. (rtr)