„Es ist falsch, vor dem Bericht der Troika ohne ausreichende Faktenlage über Griechenland zu urteilen“, sagte der FDP-Politiker am Samstag in Oslo. „Das Mobbing gegen einzelne Euro-Länder aus parteipolitischem Kalkül muss aufhören.“
Oslo. Außenminister Guido Westerwelle hat die CSU wegen ihrer permanenten Forderungen nach einem Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone scharf kritisiert. „Es ist falsch, vor dem Bericht der Troika ohne ausreichende Faktenlage über Griechenland zu urteilen“, sagte der FDP-Politiker am Samstag in Oslo. „Das Mobbing gegen einzelne Euro-Länder aus parteipolitischem Kalkül muss aufhören.“ Westerwelle reagierte damit auf CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt, der der „Bild am Sonntag“ gesagt hatte, an einem Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone führe aus seiner Sicht kein Weg vorbei.
Die griechische Regierung hofft derweil auf eine Lockerung der Spar- und Reformauflagen, doch in Berlin beißt sie derzeit auf Granit. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will keine Entscheidungen fällen, bevor der für September erwartete Troika-Bericht vorliegt. Athen müsse jetzt seine Versprechen erfüllen, sagte sie am Freitag nach einem Gespräch mit dem griechischen Ministerpräsidenten Antonis Samaras. Zugleich wies sie Spekulationen über einen Euro-Austritt des Krisenlandes mit deutlichen Worten zurück.
Samaras sagte, er habe Merkel nicht um mehr Geld gebeten. Sein Land benötige aber „Zeit zum Atmen“. Er versprach zugleich, dass Griechenland seine Verpflichtungen erfüllen werde. Die Pläne seiner Regierung würden „sehr bald Früchte tragen“.
Merkel äußerte sich nicht direkt zu der Frage, ob Athen mehr Zeit bekommen könnte. Sie erklärte aber, vor weiteren Entscheidungen müsse in jedem Fall der Troika-Bericht der Experten von EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) abgewartet werden. Griechenland dürfe erwarten, „dass wir keine vorschnellen Urteile fällen“.
Sie sei „zutiefst überzeugt“, dass Athen alles daran setze, die Probleme des Landes zu lösen, bekräftigte Merkel. Deutschland wolle dabei helfen. Zugleich erwarte sie, „dass die Zusagen, die gemacht wurden, auch umgesetzt werden“. Nur so könne neues Vertrauen gewonnen werden. „Es gibt noch viel zu tun“, resümierte Merkel.
Westerwelle wirbt für Respekt
Spekulationen über einen Währungsaustritt des Landes erteilte die Kanzlerin eine Absage. Sie wolle, „dass Griechenland Teil der Eurozone bleibt“, sagte Merkel. Auch kenne sie „niemanden in der Regierungskoalition, der das nicht will“. Damit reagierte sie auf Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU), der im ZDF-„Morgenmagazin“ erklärt hatte, ein Austritt Athens wäre „für den Euro kein Problem“.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) rief zu einem „respektvollen Umgang“ mit Griechenland auf. Seine Solidarität gelte den griechischen Familien, die nicht für die Krise verantwortlich seien, sagte er am Rande seines Besuchs in Oslo. Einen Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone lehnte er ab.
Bankenpräsident sieht Vorteile eines Euro-Austritts
Bankenpräsident Andreas Schmitz hält allerdings einen Euro-Austritt Athens für möglich. Dieser würde die Probleme des Landes „nicht per se lösen“, sagte er der Nachrichtenagentur dapd. „Der Vorteil einer eigenen Währung bestünde jedoch darin, dass sich das Land schneller ein eigenes wettbewerbsfähiges Fundament schaffen könnte.“
Das Bundesfinanzministerium bemühte sich am Freitag, einen Bericht der „Financial Times Deutschland“ zu relativieren, wonach es eine Arbeitsgruppe unterhält, die sich mit den Folgen eines Euro-Austritts der Griechen befasst. Es gebe schon seit über einem Jahr ein Gremium, dass „alle Aspekte der Staatsschuldenkrise“ begleite, sagte Ministeriumssprecher Martin Kotthaus. Die Gruppe befasse sich auch mit unwahrscheinlichen Szenarien.
Künast ist enttäuscht
SPD-Fraktionsvize Joachim Poß zeigte sich überzeugt, dass die Bundesregierung ihre Haltung gegenüber Athen ändern wird: „Frau Merkel wird Herrn Samaras und den Griechen entgegenkommen“, sagte er. Im Hintergrund werde bereits daran gearbeitet. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast zeigte sich von Merkels Äußerungen enttäuscht. Sie hätte sich gewünscht, „dass Angela Merkel klar sagt, dass Griechenland diese Verpflichtungen weniger auf dem Rücken der Armen umsetzen, sondern auch die Besserverdienenden und Reichen belasten soll“, sagte sie.
Der Linke-Vorsitzende Bernd Riexinger warnte, spätestens im Winter drohe in Griechenland „eine humanitäre Katastrophe.“ Dieses „Horrorszenario“ könne nur dadurch verhindert werden, dass Geld aus dem internationalen Hilfsprogramm für Griechenland künftig zweckgebunden fließe, sagte er dapd. Ein großer Teil müsse für „Anti-Armuts-Programme“ reserviert werden.
(dpa)