Der griechische Premier Antonis Samaras verspricht Ergebnisse bei Reformen. Angela Merkel versichert: Athen soll in der Euro-Zone bleiben.
Berlin. Antonis Samaras hatte einiges auf sich genommen, um Angela Merkel zu treffen. Schon am Donnerstagabend war der griechische Ministerpräsident nach Berlin geflogen. Nach einer schweren Operation an seiner Netzhaut vor wenigen Wochen braucht der konservative Politiker immer noch Stunden, um sich von den mit einem Flug verbundenen Veränderungen des Luftdrucks zu erholen. Im Hilton-Hotel - das standesgemäße, teurere Adlon hatte Samaras gemieden, um Sparsamkeit zu demonstrieren - verfolgte er noch sichtbehindert in den Nachrichten, was andere mit seinem Land vorhaben: Angela Merkel verständigte sich zeitgleich mit François Hollande auf eine gemeinsame Haltung gegenüber Griechenland.
+++"Euro-Krise? Einfach mal den Mund halten"+++
+++Merkel: Griechenland soll in der Euro-Zone bleiben+++
Am Freitagmorgen gab es das nächste Frusterlebnis für Samaras. Kaum aufgewacht, wurde er mit Aussagen konfrontiert, die ihm gar nicht gefallen haben können. " Mehr Geld können wir nicht zur Verfügung stellen", hatte Volker Kauder im Frühstücksfernsehen gesagt. Er gehe im Übrigen davon aus, dass die Euro-Zone einen Austritts Griechenlands verkraften könne. Kein schöner Weckruf für Antonis Samaras.
Er möchte ja zumindest mehr Zeit für seine Reformen (was mehr Geld bedeuten würde) und will den Euro auf keinen Fall aufgeben. Da Kauder als Fraktionschef von CDU und CSU ein enger Mitstreiter der Kanzlerin ist, dürfte Samaras sich spätestens jetzt gefragt haben: Was kommt heute im Kanzleramt auf mich zu?
Wie das Treffen des europäischen Sorgenkindes mit der heimlichen Mutter des Kontinents verlief, darüber kursieren zwei Versionen. In der kurzen Pressekonferenz sprach Samaras von einem "ganz besonders konstruktiven Gespräch", Merkel von einem "intensiven Gespräch". Letzteres ist im diplomatischen Jargon ein Code für: Es gab Meinungsverschiedenheiten.
Allerdings hatte die Kanzlerin diese Worte erst gewählt, nachdem Samaras sie ziemlich dreist gegen ihre Leute positionieren wollte. Er rügte nämlich "toxische Erklärungen". In dem Moment, in dem seine Regierung versucht habe, Staatsbetriebe zu privatisieren, hätte "ein ranghoher Politiker aus egal welchem Land" erklärt, bald käme die Drachme zurück. Deshalb habe niemand mehr mit Euro in Griechenland investieren wollen. Damit war ganz klar Philipp Rösler gemeint, FDP-Chef und Merkels Vizekanzler. "Diese Kakofonie", klagte Samaras, "schafft dermaßen große Probleme, dass man den Eindruck haben muss, umsonst zu kämpfen." Dies müsse aufhören, da sei er mit Merkel einer Meinung.
Da konterte die Bundeskanzlerin mit dem "intensiven Gespräch" und merkte an, sie lese täglich eine griechische Presseschau. Das war eine Anspielung auf die scham- und niveaulosen Angriffe der griechischen Zeitungen auf Deutschland und die Regierungschefin persönlich. Sie wollte also sagen: Hab dich nicht so, mein Freund, ich muss von euch auch einiges einstecken.
Kurz schien es, als würde die Pressekonferenz in einen öffentlichen Schlagabtausch abgleiten. Merkel merkte dies und versuchte, Frieden zu stiften: In Deutschland und Griechenland seien "zwei Wirklichkeiten" entstanden, sagte sie, und nun gehe es darum, beide wieder zusammenzuführen.
Die Kanzlerin selbst trug ihren Teil dazu bei und schien Samaras sogar ein wenig entgegenzukommen. Noch am Vorabend, neben dem französischen Präsidenten, hatte Merkel geschwiegen, als dieser erklärte, es sei sein "Wille", dass Griechenland in der Euro-Zone bleibe. Nun, einen Tag später, schwenkte Merkel auf diese Linie ein: "Ich will, dass Griechenland Teil der Euro-Zone bleibt", erklärte sie. "Der Euro ist mehr als eine Währung", erklärte Merkel: "Er ist eine Idee eines gemeinsamen Europas." Hohe Töne von dieser sonst so sachlichen Kanzlerin. Ein Blankoscheck für Samaras ist das freilich nicht. Merkel bestand ausdrücklich darauf, dass Vereinbarungen eingehalten werden, und verwies mehrmals auf den Bericht der Troika. Diese Gruppe von Experten aus dem Internationalen Währungsfonds, der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank evaluiert gerade den Stand der griechischen Spar- und Reformbemühungen.
"Wir werden Ergebnisse erzielen", versprach Samaras demonstrativ. Fügte aber gleich mehrfach hinzu, jetzt sei der Wirtschaftsaufschwung von entscheidender Bedeutung. Damit meinte er: Griechenland brauche jetzt Investitionen und keine neuen Sparmaßnahmen.
Auch Merkel forderte Ergebnisse ein. In der "Euro-Staatsschuldenkrise" könne das Vertrauen nur zurückgewonnen werden, indem nun Erwartungen erfüllt würden. Meint: Griechenland muss seine für die Hilfspakete gegebenen Zusagen einhalten. Die Entscheidung, ob die Hellenen ein drittes Hilfspaket bekommen oder mehr Zeit, die Auflagen des ersten und zweiten Paketes zu erfüllen, bleibt somit offen.
Antonis Samaras reiste weiter nach Paris. Sollte er die Hoffnung hegen, einen Keil zwischen Frankreich und Deutschland treiben zu können? Diese Illusion raubte ihm Merkel. Samaras könne sich "morgen" bei Hollande "persönlich überzeugen, ob wir den gleichen Ansatz haben". Samaras beschloss den für ihn so anstrengenden Tag mit einer versöhnlichen Geste: "Herzlichen Dank", sagte er zum Abschluss der Pressekonferenz - auf Deutsch.