Dramatik und schwerwiegende Vorwürfe auf den letzten Metern. Gelingt Oskar Lafontaine ein politisches Comeback in seiner Heimat?
Saarbrücken. Im saarländischen Landtagswahlkampf ist aus dem klassischen Duell ein äußerst spannender Dreikampf geworden: Im kleinsten deutschen Flächenland streiten am Sonntag der CDU-Ministerpräsident Peter Müller, sein SPD-Herausforderer Heiko Maas und der Linken-Spitzenkandidat Oskar Lafontaine um die Macht. Der Ausgang dieser Auseinandersetzung ist völlig offen. Brisant ist das Ergebnis im Saarland vier Wochen vor der Bundestagswahl vor allem, weil im Saarland das erste rot-rote Bündnis im Westen Deutschlands denkbar ist.
Nach den Umfragen ist wahrscheinlich, dass die seit 1999 alleinregierende CDU ihre absolute Mehrheit deutlich verfehlen und herbe Verluste einfahren wird. Ministerpräsident Müller setzt deshalb ganz auf ein schwarz-gelbes Bündnis und sieht sich durch zarte Zuwächse in Umfragen bestätigt. „Die Dinge laufen auf uns zu.“ Auch die FDP setzt auf die CDU als Partner. Andere Möglichkeiten schließt Landeschef Christoph Hartmann aber nicht aus.
Müller erteilt einer Großen Koalition keine definitive Absage. Beide warnen vor der „Rot-Rot-Grünen-Gefahr.“ Die SPD sieht bei den Grünen und den Linken unter Oskar Lafontaine die größten Übereinstimmungen, schließt aber ebenfalls nichts aus: „Es gibt da keinen Automatismus“, sagt Spitzenkandidat Heiko Maas.
Nach einem solchen Dreikampf sah es in den Anfängen des Wahlkampfes noch nicht aus. Stattdessen war meist von einem Duell zwischen Müller und Lafontaine die Rede, bei dem Maas nur am Rande vorzukommen schien. Seit 1999 regiert der 53-jährige Müller mit der CDU in Saarbrücken allein, der 65-jährige Lafontaine war von 1985 bis 1998 für die SPD Ministerpräsident des Landes und ist heute Bundesvorsitzender der Linken.
Der Schlagabtausch zwischen den politischen Schwergewichten Müller und Lafontaine – beide wortgewaltig, beide im Saarland verwurzelt – schien diesen Wahlkampf zu prägen. Inzwischen sieht alles etwas anders aus. Am Ende könnte der lange belächelte Maas der lachende Dritte dieses Dreikampfs sein. Der 42-jährige SPD-Landeschef, der deutlich ruhiger als seine Kontrahenten auftritt, schließt ausdrücklich Rot-Rot nicht aus. Nicht in Frage kommt für Maas allerdings ein Bündnis unter Lafontaine mit der SPD als Juniorpartner. Für eine Zusammenarbeit mit Lafontaine am Kabinettstisch wären aber wohl die Wunden zu tief, die der einstige Übervater der saarländischen SPD seinen früheren SPD-Weggefährten zufügte, als er 1999 als Bundesfinanzminister und SPD-Chef hingeschmissen hatte.
Lafontaine, einst als „Napoleon von der Saar“ verspottet, ist in seiner Heimat noch immer ein Zugpferd. Seine Mitstreiter bei den Linken räumen selbst ein, dass sie ohne den Bundesvorsitzenden ihrer Partei kaum auf ein deutlich zweistelliges Ergebnis hoffen könnten. Maas stichelt gern, Lafontaine würde sogar die Partei bibeltreuer Christen im Saarland über die Fünf-Prozent-Marke bringen.
Die SPD hat im Endspurt des Landtagswahlkampfes CDU und Linke noch einmal scharf angegriffen. CDU-Ministerpräsident Peter Müller sei „saftlos, kraftlos und orientierungslos“, sagte SPD-Kanzlerkandidat und Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Auch Linken-Chef Oskar Lafontaine stehe nur für die Vergangenheit. „Hat der wirklich geglaubt, dass ihm die Menschen noch einmal vertrauen“, sagte Steinmeier. Lafontaine habe bewiesen, dass er in kritischen Situationen hinschmeiße.
Maas hat der CDU-Landesregierung außerdem unzulässige Wahlwerbung mit Steuergeldern vorgeworfen und den Verfassungsgerichtshof angerufen. Es geht um eine umstrittene Anzeigenkampagne der Regierung von Ministerpräsident Müller und weitere Wahlkampfaktivitäten der Saarbrücker Staatskanzlei.
Konkret richtet sich das Verfahren gegen einen „Werbebrief“ Müllers an alle Angestellten und Pensionäre des öffentlichen Dienstes, eine Broschüre des Innenministeriums sowie vor allem die nach SPD-Angaben mindestens 65 000 Euro teure Anzeigenkampagne des Ministerpräsidenten in allen Amtsblättern. Damit habe die CDU-Regierung in unzulässiger Weise in den Wahlkampf eingegriffen und gegen mehrere Verfassungsgesetze verstoßen, heißt es in dem Schriftsatz an den saarländischen Verfassungsgerichtshof.