Im Saarland steht die Landtagswahl vor der Tür. Die SPD-Spitze in Berlin könnte ein Bündnis mit der Linkspartei als Trendwende verkaufen.
Hamburg/Saarbrücken. Er wetterte gegen Schröders Agenda 2010 und enthielt sich im SPD-Vorstand bei Franz Münteferings Nominierung zum SPD-Vorsitzenden. Im Willy-Brandt-Haus ist Heiko Maas ein Fremdling geblieben. Einer, dem man nicht vertrauen kann, wenn es um die Parteilinie geht.
Im Moment aber will man Maas' Alleingänge in Berlin nicht so eng sehen. Auf diesem Fremdling aus dem fernen Saarland ruht schließlich alle Hoffnung der Bundespartei - zumindest am kommenden Sonntag. Sollte Maas die allein regierende CDU unter Peter Müller stürzen, Rot-Rot oder Rot-Rot-Grün möglich machen und die Saarbrücker Staatskanzlei nach zehn Jahren zurück in SPD-Hand holen, die Parteizentrale würde ihn wie einen Heilsbringer feiern. Müntefering würde von einer Trendwende sprechen, die Koalition mit der Linkspartei als notwendiges Übel bezeichnen und Derartiges für den Bund ausschließen, und Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier würde die Wahl als Erfolg seines Kurses bezeichnen.
So sehr hofft die Partei derzeit auf Maas, dass von Berlin nur noch eine Devise ausgeht: Im Saarland ist alles erlaubt - auch die erste Regierungsbeteiligung der SED-Nachfolgepartei in den alten Bundesländern. Die Chancen dafür stehen drei Tage vor der Landtagswahl nicht schlecht: Die CDU liegt in Umfragen nur noch bei 36 Prozent. Selbst gemeinsam mit der FDP, die auf neun Prozent kommt, könnte Ministerpräsident Peter Müller nicht mehr weiter regieren. Die SPD käme derzeit auf 26 Prozent, die Linke auf 16, die Grünen auf 6 Prozent. Es läuft auf ein Dreierbündnis hinaus. Gut möglich, dass die Grünen entscheiden, wer im Saarland regieren darf.
Maas selbst will sich nicht festlegen: "Wir haben uns immer alle Optionen offengelassen", sagt er. "Wichtig ist, dass wir den Politikwechsel hinbekommen." Ihm gehe es um faire Bildungschancen und mehr gute Arbeit. "Mit wem das machbar ist, entscheiden wir dann vor dem Hintergrund des Wahlergebnisses." Warum er das so sagt? Offiziell will Maas natürlich nicht mit der Linken koalieren, sondern mit den Grünen und der FDP. Nur rechnerisch wird es kaum funktionieren. FDP-Chef Christoph Hartmann findet diese Variante gar so wahrscheinlich "wie, dass der 1. FC Saarbrücken in diesem Jahr deutscher Meister wird". Auch Peter Müller höhnt: "Wer nach allen Seiten offen ist, kann nicht ganz dicht sein."
Zehn Jahre Opposition mussten vergehen, bis Maas dem Ministerpräsidenten gefährlich werden konnte. Doch jetzt ist Maas euphorisiert. "Riesig" sei die Angst der CDU im Moment, abgewählt zu werden. Maas weiß aber auch: Noch im vergangenen Jahr lag Oskar Lafontaine in der Gunst der Wähler vor ihm. Und jetzt gehört es zur Ironie dieser Wahl, dass Maas weiterhin einen starken Lafontaine braucht, will er regieren. So sehr wie nie ist Maas auf seinen politischen Ziehvater angewiesen, der den damals 30-Jährigen zu Deutschlands jüngstem Staatssekretär machte. Damals war Lafontaine SPD-Regierungschef. Später stieg Maas unter Reinhard Klimmt zum Umweltminister auf. Dann kam Peter Müller.
Heute macht der 42 Jahre alte Jurist und Vater von zwei Söhnen Wahlkampf mit dem Slogan "Der neue Mann". Als ob die Saarländer Maas erst kennenlernen müssten, als ob er noch nicht einer der ihren sei. So klingt dieser Spruch. In ihm steckt viel Wahrheit. Man legt Wert auf Volksnähe im Saarland. Müller und Lafontaine beherrschen das Feld der Leutseligkeit nur zu gut. Nur Maas wirkt stets distanziert. Auf Plakaten sieht er aus wie aus dem Mode-Katalog: Designer-Anzug, Dreitagebart, kühler Blick. Als ob "der neue Mann" die Saarländer darauf vorbereiten will, dass sich der Kurs im Saarland bald ändern könnte. Das sagt Maas sogar selbst: "Die Menschen wollen einen neuen Stil in der Politik, ruhig, sachlich und an der Problemlösung orientiert."