Als Reaktion auf die jüngsten Zahlen fordert Ursula von der Leyen (CDU) bessere Betreuungsangebote.
Hamburg. Frauen bleiben in Deutschland immer häufiger kinderlos oder ziehen ohne Ehemann ihren Nachwuchs auf. Jede Fünfte (21 Prozent) im Alter zwischen 40 und 44 Jahren hat keinen Nachwuchs. Ein Drittel der Mütter ist unverheiratet.
Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) forderte in einer ersten Reaktion auf die neuen Zahlen des Statistischen Bundesamts mehr Unterstützung für unverheiratete Mütter. Die Tatsache, dass bereits rund ein Drittel aller Kinder heute von ledigen Müttern geboren wurde, zeige "wie schnell sich die Lebenswirklichkeit in wenigen Jahren verändert", sagte von der Leyen dem Hamburger Abendblatt . "Auch diese Familien müssen in einer modernen Gesellschaft Unterstützung erfahren, zum Beispiel durch gezielte Hilfen beim Wiedereinstieg in den Beruf nach der Babypause, ausreichend gute Betreuungsangebote für die Kinder und nicht zuletzt durch eine starke Kinderkomponente im Steuerrecht, die diesen Müttern mehr von ihrem selbst verdienten Einkommen lässt", sagte von der Leyen weiter. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigten jedoch auch, dass die Ehe als schützender Rahmen für Familie und Kinder nach wie vor in Deutschland unangefochten sei.
Im Rahmen des Mikrozensus wurden erstmals insgesamt 260 000 Frauen zwischen 15 und 75 Jahren danach befragt, ob und wie viele Kinder sie haben. Die Statistiker gingen auch der Frage nach, welche Bedeutung die Ehe für Frauen noch hat und ob ihr Familienstand ihren Kinderwunsch beeinflusst. Nach wie vor überwiegt bei den 40- bis 75-jährigen Frauen das traditionelle Zusammenleben in einer Ehe: 67 Prozent sind verheiratet. Allerdings bleiben vor allem Jüngere immer öfter auch ledig. 18 Prozent der 40- bis 44-jährigen Frauen sind unverheiratet. Bei den 70- bis 75-jährigen sind hingegen nur vier Prozent ledig.
Es besteht nach wie vor ein deutlicher Zusammenhang zwischen Familienstand und Geburt. Verheiratete bringen häufiger Kinder zur Welt. 91 Prozent der 40- bis 75-jährigen Ehefrauen sind gleichzeitig Mütter. Jedoch deutet sich diesbezüglich eine Trendwende an. Immer öfter gebären auch Unverheiratete. War bei den 60- bis 75-jährigen Müttern nur rund ein Viertel (24 Prozent) ledig, wuchs ihr Anteil bei den 40- bis 49-Jährigen bereits auf ein Drittel (32 Prozent) an.
Zudem zeigte sich, dass auch die Zahl der Kinder pro Frau seit Jahrzehnten kontinuierlich zurückgeht. Kamen vor dem Weltkrieg noch rechnerisch 2,2 Kinder auf eine Mutter, sank der Wert in der Nachkriegszeit zunächst auf 1,8 und dann 1,6 im Westen. In Ostdeutschland liegt er bei 1,8.
Der Mikrozensus belegt, dass es in puncto Kinderlosigkeit nicht nur deutliche Unterschiede zwischen Ledigen und Verheirateten gibt, sondern auch zwischen Ost- und Westdeutschland. Von den 40- bis 75-Jährigen haben in den alten Bundesländern 16 Prozent keine Kinder zur Welt gebracht - in den neuen Ländern waren es nur acht Prozent. Im bundesweiten Städteranking belegte Hamburg Platz eins. 77 Prozent der Hamburgerinnen im Alter zwischen 35 und 49 Jahren haben keine Kinder.
Auch der Bildungsgrad spielt beim Thema Kinder eine Rolle, in West- wiederum mehr als in Ostdeutschland. 28 Prozent der westdeutschen Akademikerinnen zwischen 40 und 75 Jahren blieben kinderlos. Bei den ostdeutschen Frauen mit Hochschulabschluss lag der Anteil hingegen nur bei elf Prozent.
Wesentlich kinderfreundlicher sind Zuwanderinnen. Von den Migrantinnen der Jahrgänge 1964 bis 1973 haben 13 Prozent keine Kinder, bei den in Deutschland geborenen Frauen sind es 25 Prozent.
Dass der Mann als Familienernährer bei der Entscheidung deutscher Frauen, ein Kind zu bekommen, nicht mehr ausschlaggebend ist, zeigen auch die Ergebnisse einer neuen Studie des Rostocker Max-Planck-Instituts für Demografische Forschung.
Die Rostocker Forscher befragten rund 5500 Frauen in Deutschland, Frankreich, Bulgarien und der Russischen Föderation. Für deutsche Frauen war dabei die eigene Berufstätigkeit das entscheidende Kriterium für ihren Kinderwunsch. "Frauen in Deutschland wollen die Möglichkeit haben, komplett unabhängig leben zu können", so Dorothea Rieck vom Max-Planck-Institut.