Angesichts der Rekordverschuldung droht eine Erhöhung der Steuern. Drei Monate vor der Bundestagswahl scheuen sich die Parteien allerdings, die Bürger konkret auf zusätzliche Lasten einzustimmen. Dennoch sprachen sich mehrere Unionspolitiker allgemein für höhere Steuern aus.
Berlin. - Führende Wirtschaftsexperten drängen bereits zur Konsolidierung der Staatsfinanzen durch höhere Steuern oder Einsparungen als Ausweg aus der Schuldenfalle.
Der finanzpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Otto Bernhardt (CDU), sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger": "Wenn es uns nicht gelingt, im entscheidenden Ausmaß die Ausgaben zu reduzieren, werden wir um Steuererhöhungen nicht herumkommen." Ziel der Union bleibe dabei die Reduzierung der Ausgaben, allerdings sei dies "politisch schwierig". Auch riet Bernhardt seiner Partei, sich vor der Wahl nicht auf konkrete Sparmaßnahmen etwa im Arbeitsmarktbereich festzulegen. "Wir sind keine Selbstmörder", sagte er. Eine Anhebung der ermäßigten Mehrwertsteuersätze schlossen Spitzenpolitiker der Union aus. "Kommt nicht infrage", sagte CSU-Chef Horst Seehofer der "Passauer Neuen Presse". Auch CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla erklärte: "Derartige Überlegungen gibt es für die nächste Legislaturperiode definitiv nicht."
Die "Bild"-Zeitung hatte berichtet, dass in der Union eine Anhebung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes, der vor allem für Lebensmittel gilt, von sieben auf 19 Prozent erwogen werde. Dies würde rund 14 Milliarden Euro zusätzliche Einnahmen in die Staatskasse spülen.
Diskutiert werde auch ein einheitlicher Mehrwertsteuersatz von 18 Prozent. Eine Anhebung des Niedrigsatzes bei gleichzeitiger Senkung des regulären Mehrwertsteuersatzes würde sieben Milliarden Euro einbringen. Am Mittwoch hatte das Bundeskabinett einen Haushaltsentwurf für 2010 verabschiedet, der mit 86 Milliarden Euro einen neuen Negativrekord bei der Neuverschuldung erreicht.
Vor diesem Hintergrund forderte der FDP-Finanzexperte Herrmann Otto Solms klare Konzepte, auch bei der Haushaltskonsolidierung: "Die FDP steht für eine Steuerstrukturreform mit deutlichen Entlastungen für die Bürger", sagte er dem Abendblatt. Am Steuerreformkonzept der FDP sei "nicht zu rütteln - weder vor noch nach der Bundestagswahl". Die Union müsse ihre Streitigkeiten beilegen, Perspektiven für "ein einfaches, niedriges und gerechtes Steuersystem" eröffnen und "die Irritationen der Wähler" beenden. SPD-Fraktionsvize Joachim Poß kritisierte, CDU und CSU hätten in der Steuerpolitik "ihre Glaubwürdigkeit verspielt".
Weitere Maßnahmen zur Haushaltssanierung forderte der Chef der Wirtschaftsweisen, Wolfgang Franz. "Da der Spielraum durch die Kürzung von Subventionen nicht ausreichen dürfte, wird es wohl auf Steuererhöhungen hinauslaufen", sagte Franz der "Berliner Zeitung. Udo Ludwig vom Institut für Wirtschaftsforschung Halle sagte dem MDR, der Bund müsse neue Geldquellen erschließen, um das Staatsdefizit herunterzufahren.