Das Wort des Verfassungsgerichtspräsidenten Hans-Jürgen Papier, unsere Verfassung sei in guter Verfassung, hat den Ton vorgegeben für die Feierlichkeiten zu 60 Jahren Grundgesetz. Die Debatte über Änderungen wird nicht intensiv geführt.
Dabei wäre es lohnend, zum Jubeltag der Republik die Rolle der Parteien zu hinterfragen. Das Grundgesetz weist ihnen eine begrenzte Funktion zu. Artikel 21 sieht vor, dass sie an der politischen Willensbildung des Volkes mitwirken. Tatsächlich haben Union, SPD, FDP, Grüne und Linke die Willensbildung monopolisiert. Die Wahl von Richtern, die Zusammensetzung von Rundfunkgremien - alles läuft nach Parteiproporz ab.
Nicht in jedem Fall bietet sich eine Alternative, in einer zentralen Frage gibt es sie: Es ist nicht zwingend, dass der Bundespräsident von der Bundesversammlung - einem Gremium von Parteigesandten - gewählt wird. Eine Direktwahl würde den Einfluss der Parteien begrenzen. Der Bundespräsident wäre ein Bürgerpräsident.
Was spricht gegen diesen Schritt? Weimarer Verhältnisse bräuchte niemand zu fürchten - auch ein direkt gewähltes Staatsoberhaupt hätte nicht die Machtfülle eines Paul von Hindenburg. Ebenso wenig würden sich die Bürger dazu hinreißen lassen, Germany's Next Topmodel oder den Torschützenkönig der Fußball-Bundesliga ins Schloss Bellevue zu befördern. Und Wahlkampf um das höchste Staatsamt findet jetzt schon statt.
Durchsetzen müssten eine solche Verfassungsänderung - die Parteien. Die Vorstellung, ein erklärtermaßen unbequemer Präsident wie Horst Köhler hätte die direkte Legitimation des Volkes, wird ihre Bereitschaft dazu nicht erhöhen. Vielleicht erkennen die Parteien, dass auch sie gewinnen können. An Vertrauenswürdigkeit.