Sachsen-Anhalts Haseloff und Bullerjahn mahnen Bayern im Streit um Länderfinanzen. Finanzminister Bullerjahn macht Gegenrechnung auf.

Magdeburg/Berlin. Während Bayerns angekündigte Klage gegen den Länderfinanzausgleich in Sachsen-Anhalt auf breite Ablehnung stößt, zeigt der niedersächsische Ministerpräsident David McAllister Verständnis. Es sei ein gutes Recht der Bayern und möglicherweise auch der Hessen, als Geberländer die bestehende Regelung juristisch prüfen zu lassen, sagte der CDU-Politiker am Montag im ZDF-„Morgenmagazin“. Für eine Neuregelung sieht McAllister allerdings keinen Bedarf. Der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich plädierte für eine außergerichtliche Verhandlungslösung.

McAllister sagte, man habe sich „auf das bestehende Modell bis 2019 verständigt, und das gilt“. Nun sollte erstmal abgewartet werden, ob tatsächlich Klage erhoben werde und wie die Klageschrift aussehe. „Dann werden wir auch das Bundesverfassungsgerichtsurteil abwarten“, sagte McAllister. Möglicherweise gebe es ja neue Erkenntnisse für die Neuverhandlung des Länderfinanzausgleichs nach 2019.

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Tillich meinte, eine Verhandlungslösung sei trotz der von Bayern angekündigten Klage noch nicht vom Tisch. Bayern habe die Klage bislang noch nicht eingereicht, zudem hätten die Länder bereits Gespräche über einen Zeitplan für Neuverhandlungen geführt, sagte der CDU-Politiker der „Leipziger Volkszeitung“. Sachsen erhält nach Berlin die höchsten Zahlungen aus dem Länderfinanzausgleich.

Der Länderfinanzausgleich ist Teil eines komplexen Systems der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern und der Länder untereinander. Er dient dem Verfassungsziel, trotz unterschiedlicher Wirtschaftskraft der einzelnen Regionen in allen Teilen Deutschlands gleichwertige Lebensverhältnisse herzustellen und zu wahren. Bayern, Baden-Württemberg und Hessen sind derzeit die größten Geberländer. Allerdings gehörte Bayern bis 1986 selbst zu den Nehmerländern.

McAllister sagte, es sei nachvollziehbar, dass ein Land wie Bayern Kritik übe, wenn es 3,7 Milliarden Euro in den Finanzausgleich einzahle und dann sehe, wie sich Nehmerländer soziale Wohltaten leisteten. Es gehöre zur Solidarität, dass sich die Nehmerländer nicht dauerhaft in der Rolle einrichteten. Niedersachsen erhält nach Angaben des Ministerpräsidenten derzeit selbst etwa 200 Millionen Euro jährlich aus dem Länderfinanzausgleich.

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Wichtig sei, dass alle Länder auf Haushaltskonsolidierung achteten und mit ihrer Politik die Wirtschafts- und Steuerkraft stärkten. „Wenn das eine Erkenntnis wäre in der Diskussion um den Länderfinanzausgleich, dann wäre schon allen geholfen“, sagte der Minister.

NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin reagierte auf die angekündigte Klage Bayerns gegen den Länderfinanzausgleich mit der Forderung nach einem neuen Finanzausgleich für Ökostrom. Es könne nicht sein, dass die Haushalte in NRW die Flut der Solaranlagen auf den bayerischen Dächern fast alleine bezahlen müssen, sagte der SPD-Politiker der „Rheinischen Post“. Allein im vergangenen Jahr hätten die Stromkunden in NRW für den bundesweiten Ausbau der Erneuerbaren Energien unter dem Strich 2,25 Milliarden Euro gezahlt - mehr als alle anderen deutschen Bundesländer zusammen.

Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) forderte den Freistaat zu Zugeständnissen auf. Und Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) verweist in einer Kolumne auf die hohe Zahl junger Leute, die in den vergangenen Jahren von Sachsen-Anhalt gen Süden gezogen seien. Damit sei Sachsen-Anhalt eigentlich auch ein Geberland.

Bullerjahn schrieb in einer Kolumne für die „Super Illu“: „Die Bayern vergessen gern, dass allein aus Sachsen-Anhalt seit der Wende knapp 600 000 gut ausgebildete junge Leute von Berufs wegen in den Süden oder Südwesten Deutschlands gezogen sind.“ Davon habe Bayern profitiert: „Im Fußball würde man sagen – ablösefrei.“ In Halle oder Magdeburg seien diese Leute ausgebildet worden, Bayern habe dann bessere Gehälter geboten. „Und deswegen ist Sachsen-Anhalt auch Geberland – das gehört ebenso zur Wahrheit“, schrieb Bullerjahn.

Haseloff betonte am Montag aus Anlass der Auflösung der Länder in der DDR vor genau 60 Jahren, Föderalismus zeichne sich durch „die gemeinsame Verantwortung für das Ganze und Solidarität“ aus. „Demokratische Werte werden am ehesten in einer föderativen Ordnung verwirklicht. Sie ermöglicht gesellschaftliche und kulturelle Vielfalt“, sagte er laut Mitteilung der Staatskanzlei. In Ostdeutschland waren die Länder 1952 aufgelöst und in 14 Bezirke und 217 Kreise aufgeteilt worden, um nach sowjetischem Vorbild den sogenannten demokratischen Zentralismus zu schaffen. Zum Finanzausgleich sagte Haseloff weiter: „Zum Prinzip des Föderalismus gehört auch Wettbewerb. Aber Wettbewerb kann nicht heißen: Wettbewerb unter ungleichen Voraussetzungen.“