SPD-Chef Sigmar Gabriel gratuliert Aydan Özoguz aus Hamburg, die seit heute erste stellvertretende Vorsitzende der SPD mit türkischen Wurzeln ist.
Berlin. Jetzt ist es offiziell: Aydan Özoguz darf sich darüber freuen, erste stellvertretende Vorsitzende der SPD mit türkischen Wurzeln zu sein. Die 44-Jährige Bundestagsabgeordnete aus Hamburg erhielt beim Bundesparteitag in Berlin am Montag 86,8 Prozent der Delegiertenstimmen. Weil im Vorstand künftig eine Migrantenquote von 15 Prozent gelten soll, war für Özoguz ein fünfter Stellvertreterposten geschaffen worden. Sie wünsche sich, dass Deutschland eine echte Einwanderungsgesellschaft werde, hatte sie in ihrer Bewerbungsrede gesagt.
Die 1967 als Kind türkischer Kaufleute in der Finkenau bei Hamburg geborene Özoguz hat seit 1989 die deutsche Staatsbürgerschaft. Die langjährige wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung ist mit dem Hamburger Innensenator Michael Neumann (SPD) verheiratet und hat eine Tochter.
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Auch Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz wurde mit 84,9 Prozent (2009: 85,7 Prozent) als stellvertretender SPD-Vorsitzender wiedergewählt. Ein Traumergebnis erhielt Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft mit 97,2 Prozent (2009: 90,2 Prozent). Als weitere Stellvertreter wurden Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Manuela Schwesig mit 82,9 Prozent (2009: 87,8 Prozent) und Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit mit 87,9 Prozent (2009: 89,6 Prozent) in ihren Ämtern bestätigt.
Unterdessen hat SPD-Chef Sigmar Gabriel bei seiner Wiederwahl ein schlechteres Ergebnis erzielt als bei seiner ersten Wahl vor zwei Jahren. Er erhielt 447 Ja-Stimmen und damit nach Angaben der Parteitagsleitung eine Zustimmung von rund 91,6 Prozent. Vor zwei Jahren nach dem SPD-Debakel bei der Bundestagswahl war er auf 94 Prozent gekommen.
In seiner Rede rief er die Partei auf, sich keine Debatte über ihren Kanzlerkandidaten für 2013 aufzwängen zu lassen. „Lasst Euch keine falschen Debatten zur Unzeit aufschwatzen“, sagte Gabriel am Montag auf dem Bundesparteitag in Berlin unter dem Beifall der rund 500 Delegierten. Er werde Ende 2012 oder Anfang 2013 einen Vorschlag machen. „Und dann entscheidet die Partei und sonst niemand“, versicherte Gabriel. Die Kanzlerkandidatur steht nicht auf der Tagesordnung des dreitägigen Kongresses. Dennoch werden die Auftritte von Gabriel wie auch von Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und insbesondere Ex-Finanzminister Peer Steinbrück mit besonderem Augenmerk verfolgt.
Gabriel bekräftigte, dass er nur ein zweites Mal für den Parteivorsitz kandidiere und über nichts anderes abgestimmt werde. Er machte zugleich deutlich, dass er eine Kanzlerkandidatur nicht ausschließt. Die Medien würden am Dienstag womöglich schreiben: „Gabriel kandidiert und verzichtet zugleich“, sagte Gabriel, „das tue ich nicht“. Der SPD-Chef schloss damit seine eineinhalbstündige Rede, für die er fünf Minuten lang stehenden, rhythmischen Beifall erhielt.
Gabriel wandte sich gegen Forderungen der Parteilinken und der Jungsozialisten (Jusos), die Steuern noch stärker zu erhöhen als im Steuerkonzept der Partei vorgesehen. Während das eine Anhebung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 49 Prozent vorsieht, wollen die Linken und Jusos einen Spitzensatz von 52 Prozent für Einkommen ab 150.000 Euro (Alleinstehende). Unter CDU-Bundeskanzler Helmut Kohl habe der Spitzensteuersatz 53 Prozent betragen. „Die Jusos orientieren sich an Helmut Kohl, und ich muss sie abhalten, zu konservativ zu werden“, sagte Gabriel. „Wir sind echt friedfertig.“
Die SPD will ab 2013 gemeinsam mit den Grünen die Regierung in Deutschland führen
„Wir wollen mit den Grünen als Koalitionspartner regieren. Das ist eine echte Veränderungspolitik in Deutschland“, sagte Gabriel. Man müsse Koalitionen mit Inhalten begründen „und nicht nur mit purer Machttaktik“, sagte Gabriel unter Anspielung auf die schwarz-gelbe Koalition. „Wir wollen keine Liebesheirat, kein Projekt, sondern wir wollen gemeinsame Politik machen.“
Einer großen Koalition erteilte der SPD-Chef eine Absage. Eine Partei, „die 148 Jahre alt ist, die kann kein Juniorpartner sein, sondern muss die Regierung führen“, erklärte Gabriel mit Blick auf die lange Tradition der SPD.
(dpa/rtr/dapd)