Ex-Finanzminister Peer Steinbrück attackierte die von der Regierung beabsichtigten Steuersenkungen scharf. Die Pläne von Schwarz-Gelb seien „fiskalpolitischer Schwachsinn“ und ein „Pausentee“ für die FDP auf dem Weg zur nächsten Wahl, sagte er.
Berlin. Ex-Finanzminister Peer Steinbrück hat seine SPD davor gewarnt, zu stark an der Steuerschraube zu drehen. Es wäre ein Fehler, „den politischen Kontrahenten die Munition in die Hand zu geben, das Steuerkonzept der SPD zu diskreditieren“, sagte der mögliche Kanzlerkandidat am Dienstag auf dem SPD-Parteitag in Berlin. Man dürfe zudem die Starken „nicht verprellen“, sondern müsse auch die Leistungsträger für ein solidarisches gesellschaftliches Bündnis gewinnen. Die SPD-Spitze will den Spitzensteuersatz auf 49 Prozent erhöhen und die Vermögenssteuer wieder einführen. Anträge des linken Parteiflügels sehen eine Erhöhung auf 53 Prozent vor.
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Steinbrück attackierte die von der Regierung beabsichtigten Steuersenkungen scharf. Die Pläne von Schwarz-Gelb seien „fiskalpolitischer Schwachsinn“ und ein „Pausentee“ für die FDP auf dem Weg zur nächsten Wahl, sagte er. Steinbrück, der als möglicher Kanzlerkandidat seiner Partei gilt, mahnte zugleich realistische Beschlüsse seiner Partei an. Der Maßstab für Regierungsfähigkeit sei nicht der „Rückzug auf Parteiverträglichkeit und Selbstvergewisserung“, sondern die „Öffnung für unterschiedliche Charaktere und die Einladung an Interessierte und Engagierte in dieser Gesellschaft“.
Seine eigene Partei forderte er zu mehr „Selbstbewusstsein“ auf. Die Sozialdemokraten sollten offensiver über „das reden, was uns gelungen ist in den letzten zehn Jahren“, sagte er. „Wo stünde die Bundesrepublik ohne die teilweise bitteren Reformen in der Regierungszeit von Gerhard Schröder?“, fragte Steinbrück mit Blick auf den sozialdemokratischen Ex-Kanzler. Das gelte auch für die Beiträge der SPD-Minister in der großen Koalition.
Nach seiner Rede hat Peer Steinbrück demonstrativ langen Applaus von seinen möglichen Konkurrenten im Rennen um den SPD-Kanzlerkandidaten erhalten. Der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel und Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier positionierten sich rechts und links vom früheren Bundesfinanzminister auf dem Podium und klatschten ihm Beifall. Zum Ende der 40-minütigen Rede hatte er betont: „Das Entscheidende ist: Wir gehen zusammen“.
Bereits zum Beginn der Rede hatte auch Steinbrück das Bild der einigen Troika gepflegt und Gabriel herzlich zu seiner Wiederwahl mit 91,6 Prozent gratuliert. „Hättest Du noch ein besseres Ergebnis erzielt, würde ich Dich Erich nennen“, sagte er in Anspielung auf den einstigen SED-Parteichef Erich Honecker.
Abschlussberatungen bei der SPD
Am Morgen kam die SPD zu den Abschlussberatungen ihres dreitägigen Parteitages zusammen. Im Zentrum stehen Anträge zum künftigen Kurs in der Steuer- und Finanzpolitik. Zu dem Komplex wird Peer Steinbrück einen Leitantrag einbringen. Im Fall eines SPD-Sieges bei der Bundestagswahl 2013 ist vorgesehen, den Spitzensteuersatz für Gutverdiener von 42 auf 49 Prozent anzuheben. Die Parteilinke will aber einen Spitzensteuersatz von 52 Prozent. SPD-Chef Sigmar Gabriel warnt davor, bürgerliche Wähler durch zu hohe Steuersätze zu verschrecken.
Nach den Vorstellungen des Parteivorstands soll der neue Spitzensteuersatz von 49 Prozent bei einem Einkommen ab 100.000 Euro für Ledige (bisher rund 53.000) und 200.000 Euro für Doppelverdiener greifen. Dem Konzept zufolge soll bis zu einem Jahreseinkommen von 64.000/128.000 Euro niemand stärker belastet werden als bisher. Knapp fünf Prozent aller Steuerpflichtigen wären laut SPD davon betroffen.
Am Montag war der SPD-Vorsitzende Gabriel von den Delegierten mit 91,6 Prozent im Amt bestätigt worden. Das war etwas weniger als vor zwei Jahren in Dresden, als er 94,2 Prozent erhalten hatte. Neben Steinbrück und Gabriel gilt auch Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier als möglicher Kanzlerkandidat. Die Parteispitze hatte betont, der Bundesparteitag sei keine „Casting-Show“ für die K-Frage der SPD. Eine Entscheidung falle Ende 2012, Anfang 2013.
Mit Material von dpa/dapd