Bald möchte die SPD wieder die Regierung stellen. Die Führungs-Troika demonstriert Harmonie. Dem Linksruck erteilt sie eine Absage.
Berlin. Die SPD erteilt auf dem Parteitag in Berlin dem Linksruck eine Absage und plant mit einem Kurs von "Maß" und "Mitte" 2013 das Kanzleramt zurückzuerobern. „Die SPD will wieder regieren“, sagte Parteichef Sigmar Gabriel am Dienstag zum Abschluss des dreitägigen Bundesparteitages. Die Partei habe bei allen Entscheidungen Maß und Mitte gezeigt. Mit den Beschlüssen und der programmatischen Erneuerung seien die ersten Weichen für die Regierungsübernahme in zwei Jahren gestellt. Die SPD habe dazu auch das geeignete Personal.
Ein drohender Linksruck wurde am Schlusstag verhindert. Einstimmig billigte der Parteitag das neue SPD-Steuerkonzept. Danach soll der Spitzensteuersatz für hohe Einkommen von 42 auf 49 Prozent erhöht und die Vermögensteuer wieder eingeführt werden.
Die Parteilinke ließ kurzfristig ihre Forderung nach einer zusätzlichen Reichensteuer fallen, nachdem bei der Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge ein Kompromiss erzielt wurde. Sie soll von 25 auf 32 Prozent steigen. Sollten aber die gewünschten Einnahmen ausbleiben, will die SPD binnen drei Jahren zur früheren Regelung zurückkommen, nach der Kapitalerträge dem gleichen Steuersatz wie Einkommen unterliegen.
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+++Kommentar: Harmonie auf Zeit+++
Der als Kanzlerkandidat gehandelte Peer Steinbrück schwor seine Partei auf einen pragmatischen Kurs ein: „Wir müssen der Versuchung widerstehen, den Menschen mehr zu versprechen, als wir halten können.“ Sonst koste das Glaubwürdigkeit.
Trotz des gemäßigten Steuerbeschlusses reagierte die CDU mit scharfer Kritik. „Da kann es Gabriel noch so oft bestreiten: Die SPD hat mit diesem Parteitag ihren strammen Linkskurs untermauert“, sagte Generalsekretär Hermann Gröhe. „Die Steuererhöhungsbeschlüsse sind ein Schlag gegen Leistungsgerechtigkeit und Familiengerechtigkeit in unserem Land.“
Steinbrück forderte: „Die SPD ist die Partei, die das Bündnis zwischen den Starken und den Schwachen organisieren muss.“ Der 64-Jährige bekannte sich klar zu einem gesetzlichen Mindestlohn. „Wer sein Geschäftsmodell auf Niedriglöhnen aufbaut, hat kein Geschäftsmodell.“ Er setzte sich auch für eine bessere Bezahlung von Frauen ein. Seine Rede wurde von den Delegierten verhaltener aufgenommen als Gabriels Auftritt am Montag.
Auch bei der Rente hatte sich die Linke am Vortag nicht durchsetzen können. Sie wollte das Niveau der Altersbezüge dauerhaft auf dem heutigen Stand festschreiben. Dazu wurde eine Kommission eingesetzt, die bis zum kommenden Frühjahr eine Lösung finden soll.
Verabschiedet wurde weiter das Konzept für eine Bürgerversicherung zur Gesundheit. Damit will die SPD die unterschiedliche Versorgung von gesetzlich und privat Versicherten beenden. Der Parteitag forderte zudem, das Wahlalter generell auf 16 Jahre zu senken.
Steinbrück forderte die SPD auf, „Frau Merkel und ihre Regierung in den Vorruhestand zu schicken“. Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier meinte: „Wir haben das bessere Programm. Wir können uns nur noch selbst ein Bein stellen.“
Steinbrück warnte vor einer Renationalisierung in Europa und forderte ein Verbot von Spekulationen auf Nahrungsmittel und Kreditausfallversicherungen. Angesichts des Einflusses von Rating-Agenturen und Finanzmärkten mahnte er das Zurückgewinnen des Primats der Politik an. „Bei wem liegt eigentlich der Taktstock des Geschehens?“
Nach seiner Rede bekam Steinbrück Applaus von seinen möglichen Konkurrenten im Rennen um den Kanzlerkandidaten für die Wahl im Jahr
2013. Gabriel und Steinmeier positionierten sich rechts und links von ihm auf dem Podium und klatschten demonstrativ Beifall. Der in der Partei nicht unumstrittene Steinbrück rief die SPD zur Einigkeit auf: „Das Entscheidende ist: Wir gehen zusammen“. Eine Entscheidung in der Frage der Kanzlerkandidatur soll Ende 2012, Anfang 2013 fallen. (dpa)