Rechtsextremer Terror aus der Nachbarschaft beschämt die Politiker in Thüringen. Sie fordern Konsequenzen, sind beim NPD-Verbot aber vorsichtig.
Erfurt. Der Neonazi-Terror sorgt weiter für emotionale Diskussionen und rüttelt Politiker deutschlandweit wach. Dabei konzentriert sich die Debatte nicht nur auf mögliche Pannen bei der Fahndung nach dem Terror-Trio. Für politische Konsequenzen suchen die Volksvertreter landauf landab nach einem Konsens. Wieder einmal in den Fokus ist die Debatte um die NPD gerückt. Die Partei biete "den geistigen Nährboden rechtsterroristischer Mörder", ereiferte sich etwa Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) am Mittwoch im Erfurter Landtag. Sie unterstütze einen neuerlichen Verbotsantrag allerdings nur bei eindeutigen Erfolgsaussichten.
Der Neonazi-Terror rüttelt die Politik wach - auch in Thüringen. Neben möglichen Pannen bei der Fahndung nach dem Terror-Trio rücken politische Konsequenzen in den Fokus. Die NPD biete „den geistigen Nährboden rechtsterroristischer Mörder“, sagte Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) am Mittwoch im Landtag in Erfurt. Für einen neuen NPD-Verbotsantrag sei sie aber nur nur bei eindeutigen Erfolgsaussichten. Die Bundesanwaltschaft hat unterdes keine Hinweise darauf, dass die mutmaßlichen Terroristen Verbindungen zum Thüringer Verfassungsschutz hatten.
„Uns liegen keine Anhaltspunkte vor, die diese Behauptung stützten könnten“, sagte Generalbundesanwalt Rainer Griesbaum in einem Interview mit der Zeitung „Badische Neueste Nachrichten“. Auch der Thüringer Verfassungsschutz hatte zuvor eine Zusammenarbeit bestritten. Die Ermittler gehen laut Griesbaum bislang davon aus, dass die Terrorgruppe nur aus drei Menschen bestand: Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, die sich erschossen haben, und Beate Zschäpe, die in Untersuchungshaft sitzt. Der vierte Mann, gegen den Haftbefehl erlassen worden sei, gilt als Unterstützer.
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Im Thüringer Landtag war der Rechtsterror Thema einer Regierungserklärung. Lieberknecht forderte darin, die NPD dürfe „schlichtweg nicht länger als Partei bezeichnet und durch Steuermittel unterstützt werden“. Die Tatsache, dass die Täter aus Thüringen stammten, müsse „uns mit tiefer Scham erfüllen“, sagte die Regierungschefin. Es dürfe nicht verwundern, dass nun gegenüber Polizei, Justiz und Verfassungsschutz von einer Vertrauenskrise gesprochen werde, nachdem eine Serie von Verbrechen über Jahre nicht dem rechtsextremistischen Bereich zugeordnet worden sei.
Das Land sei entschlossen, "umfassend und lückenlos" aufzuklären, versprach Lieberknecht. Dazu sollen Polizei und Verfassungsschutz die rechte Szene ab sofort noch intensiver beobachten. Auch der Einsatz von V-Leuten solle kritisch geprüft werden. „Keinesfalls dürfen V-Leute mit dem Geld des Staates extremistische Organisationen finanzieren“, betonte sie.
Linke-Fraktionschef Bodo Ramelow sagte: „Die braune Blutspur durch Deutschland hatte ihren Ausgangspunkt in Thüringen.“ Jetzt müsse herausgefunden werden, welche Stellen versagt hätten. „Und dass wir es mit einem eklatanten Versagen zu tun haben, davon gehe ich aus.“ Sollte sich bestätigen, dass Thüringer Zielfahnder die Bombenbauer aus Jena bereits vor 2001 in Chemnitz aufspürten, sei das ein handfester Polizei- und Justizskandal, erklärte Grünen-Fraktionschefin Anja Siegesmund. Sie berief sich dabei auf einen Bericht von MDR Thüringen, nach dem Zielfahnder des Landeskriminalamtes Böhnhardt und Mundlos schon vor 2001 in Chemnitz gefunden haben. Warum es damals keine Zugriff gab, sei derzeit noch unklar.
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Beim rechtsextremistischen Terror gehe es aber nicht nur um Thüringen, betonte der SPD-Abgeordnete Heiko Gentzel. Dass andere Bundesländer jetzt mit dem Finger auf den Freistaat zeigten, sei der erste Schritt der Verharmlosung. „Ich kenne derzeit keinen Innenminister in Deutschland, der bereit ist, für sein eigenes Landesamt für Verfassungsschutz die Hand ins Feuer zu legen“, sagte Gentzel. Siegesmund stellte das System der V-Leute infrage. Außerdem gehöre der Verfassungsschutz „an Kopf und Gliedern reformiert“.