Der Verfassungsschutz muss auf V-Leute verzichten
Die monströsen Verbrechen der Thüringer Terrorzelle sind, wie es die Kanzlerin zu Recht gesagt hat, eine Schande für Deutschland. Und sie müssen nun eine Lehre für das Land werden: Die Praxis des Verfassungsschutzes, sogenannte Vertrauensleute in der radikalen Szene, V-Leute, für Informationen zu bezahlen, ist krachend gescheitert. Sollten die aus Steuergeldern bezahlten Informanten von den Morden, Anschlägen und Überfällen in 14 Jahren nichts mitbekommen haben, sind sie schlicht überflüssig. Oder aber, man mag es sich nicht vorstellen, Zuträger des Verfassungsschutzes oder gar Geheimdienstmitarbeiter selbst sind in diese beispiellose Terrorserie verwickelt. So berichtet die "Bild-Zeitung", bei sechs der neun Morde sei ein Verfassungsschützer am Tatort gewesen.
Es ist nicht der erste Skandal, der Schatten auf die Praxis der V-Leute wirft: Schon 2003 sprach das Bundesverfassungsgericht im NPD-Verbotsverfahren ein eindeutiges Urteil, nachdem V-Leute zum Verfahrenshindernis wurden. Teile der NPD waren durch den Verfassungsschutz mitgesteuert, sogar Parteivorstände standen auf der Gehaltsliste des Staates.
Mehr und mehr verfestigt sich der Eindruck, die vermeintlichen Verfassungsschützer hätten den Extremismus nicht bekämpft, sondern das Monster gar genährt - denn das Geld, das vom Staat an die zwielichtigen Informanten fließt, wird oft in Hetzschriften und Rekrutierung investiert. Viele der V-Leute in der Rechtsradikalenszene sind keine eingeschleusten Agenten, sondern überzeugte Neonazis. So schwächt ihre Mitarbeit nicht die Rechtsextremen, sondern vielmehr dem Staat und spricht der Verfassung Hohn.
In der jüngsten Mordserie tun sich Abgründe auf, die man noch vor einigen Tagen für Verschwörungstheorien radikaler Antifaschisten gehalten hätte. Schlimmer noch - die Verwicklungen von Geheimdienstmitarbeitern untergraben das Vertrauen in Staat und Verfassung. Neun Migranten starben, auch weil der Verfassungsschutz versagt hat. Das ist ein verheerendes Signal. Und die Aufforderung an die Politik, den Augiasstall Verfassungsschutz endlich auszumisten.