Die Bundesnetzagentur will für die Energiewende außerdem einen Altmeiler in Reserve lassen. Hintergrund ist Sorge vor Stromausfällen.
Berlin. Zur Absicherung der Energiewende muss nach Einschätzung der Bundesnetzagentur vermutlich eines der acht abgeschalteten Atomkraftwerke in Deutschland als Reserve am Netz bleiben. Nach bisherigen Erkenntnissen reichten die Kapazitäten aus konventionellen Kraftwerken nicht, sagte ein Sprecherin gestern. Offiziell lege die Behörde ihren Vorschlag bis 1. September vor, teilte das Bundesumweltministerium mit. Infrage kommen laut "Süddeutscher Zeitung" insbesondere die süddeutschen Kraftwerke Neckarwestheim 1, Philippsburg 1, Biblis A und B sowie Isar 1. Hintergrund ist die Sorge vor Stromausfällen insbesondere in Süddeutschland.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisiert den erwogenen Reservebetrieb dagegen scharf. "Hier wird wieder einmal mit Horrorszenarien gearbeitet", sagte BUND-Vorsitzender Hubert Weiger in Berlin. "Was jetzt vom Netz genommen wurde, entspricht dem, was wir exportiert haben." Es gebe genug Reservekapazitäten, zumal die Steigerungsraten bei den erneuerbaren Energien dazugerechnet werden müssten. Die größte Reserve seien die Sparmöglichkeiten der Verbraucher.
Den Ärger der Umweltschützer wecken auch Pläne der Regierung, neue, effiziente Gas- und Kohlekraftwerke mit Hunderten Millionen Euro aus dem Energie- und Klimafonds zu fördern. Auf eine Anfrage der Grünen antwortete das Wirtschaftsministerium, den neuen Kraftwerken komme eine zentrale Bedeutung zu, um Schwankungen auszugleichen. Allein 2013 sollen bis zu 166,5 Millionen Euro für diese Kraftwerke ausgegeben werden.
"Es ist völlig klar, dass im Zuge der Energiewende der Neubau von Gas- und Kohlekraftwerken nötig ist", sagte die Sprecherin des Umweltressorts, Christiane Schwarte. Zehn Gigawatt seien erforderlich. Gefördert werden sollten die effizientesten Kraftwerke.
Die Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn sagte dagegen dem Abendblatt: "Die Bezuschussung von neuen Kohlekraftwerken ist wieder so eine Geisterfahrt der Bundesregierung." Um die angebliche Kraftwerkslücke zu schließen, soll ausgerechnet Geld aus einem Fördertopf zur Stromeinsparung abgezweigt werden. "Dabei ist die Einsparung von Strom die billigste und sinnvollste Möglichkeit, Atomstrom zu ersetzen", betonte Höhn. Studien zeigten, dass man so zehn AKW bis 2020 wirtschaftlich einsparen könne.
Kommunale Energieanbieter sehen dagegen in der geplanten Bezuschussung eine Geschäftschance. Hans-Joachim Reck vom Verband kommunaler Unternehmen begrüßte im Abendblatt, dass aus den Mitteln des Energie- und Klimafonds Investitionen in hocheffiziente Kraftwerke gefördert werden solle. "Das ist ein gutes Instrument zur Modernisierung des Kraftwerkparks und zur Einsparung von CO2-Emissionen. Und es hilft, den Wettbewerb zu beleben."