Guttenberg hier, Guttenberg da: In Bayern träumt man wieder von 50 Prozent der Stimmen für die CSU. CSU-Chef Horst Seehofer steht unter Druck.
München. Erst grinst er. Dann lacht er. Und schließlich erfasst das Lachen Horst Seehofer so sehr, dass er ins Stottern gerät. „Nein ... also ... es ist“ – der CSU-Chef nimmt immer wieder Anlauf, um die Frage nach einem Wettstreit zwischen ihm und Karl-Theodor zu Guttenberg zu beantworten. Am Ende schafft Seehofer doch einen klaren Satz: „Wenn das das einzige Problem der CSU ist, dass wir gute Leute haben, dann bin ich ein glücklicher Parteivorsitzender.“
Los wird Seehofer die Debatte durch seine betonte Heiterkeit nicht – an der Parteibasis werden die Wünsche immer lauter, dass Guttenberg CSU-Chef, Ministerpräsident oder sogar Kanzler werden muss. Während der CSU-Vorsitzende versucht, mit möglichst viel Gelassenheit erst gar keine Zweifel an seinem Führungsanspruch aufkommen zu lassen, lässt sich Guttenberg seinen wachsenden Ärger anmerken. „Darauf kommt es nicht an“, sagt der 38-Jährige knapp zur Bedeutung des Applauses seiner Partei für ihn.
„Es geht um Inhalte. Wir haben zu arbeiten.“ Dass vor allem über seine Zukunft und kaum über die Inhalte geredet werde, sei „ganz und gar nicht“ dienlich, sagt Guttenberg bei seiner Ankunft in München. Dabei belässt es der Verteidigungsminister – und bekommt auf seinen Weg in die Parteitagshalle immer wieder Hände entgegengestreckt.
Birgit Maria Wöber, die im Eingangsbereich an einem Stand für Erdgas wirbt, gelingt der Körperkontakt zu Guttenberg. „Diese ganze Vibration hier in der Halle ist alles Herr zu Guttenberg“, sagt sie anschließend verzückt. Die Kanzlerin sendet via „Spiegel“-Interview zurückhaltendere Komplimente. „Ich freue mich, dass der Verteidigungsminister erstklassig arbeitet, dabei eine gute Figur macht und viel Anklang findet“, sagt Angela Merkel.
Dass diese Begeisterung zwangsläufig zu einem weiteren Aufstieg Guttenbergs führen muss, leugnen auch Führungskräfte der Christsozialen nicht. Eine dafür auch nötige „Beißlust“ gegen Seehofer, wie in den letzten Monaten des Edmund Stoiber oder nach der Pleite der Landtagswahl gegen Erwin Huber und Günther Beckstein, zeigen die Führungskräfte der CSU aber noch nicht. Damals gab es immer wieder in Hinterzimmern Runden ohne die Betroffenen.
„Das gehört auch zu unserer Tradition“, sagt Seehofer zu der Methode, nicht direkt mit den zu Stürzenden zu diskutieren. Auch über Seehofer gibt es hinter vorgehaltener Hand manches böse Wort – eine Dynamik wie bei Stoiber, Beckstein oder Huber hat dies aber noch nicht. Dabei ist die Stimmung an der Basis eindeutig. Nicht nur eine gerade vom „Stern“ veröffentlichte Umfrage zeigt den Sympathievorsprung Guttenbergs.
Eine Kreisvorsitzende der Frauen-Union aus Oberbayern, die ihren Namen lieber nicht nennen will, hält von Seehofer „eher wenig“ und von Guttenberg „unendlich viel“. Sie und viele ihrer Mitstreiterinnen in der Frauen-Union wünschen sich, dass er 2013 nach München gehe und bei der Landtagswahl Spitzenkandidat werde. „Dann sind wir wieder über fünfzig Prozent.“
Auch Wilfried Scharnagl, als Chefredakteur des „Bayernkurier“ engster Intimus von Franz Josef Strauß, verfolgt die Debatte um Guttenberg und dessen Zukunft. „Es ist ein hervorragender Mann, der für hervorragende Ämter bestens geeignet ist“, sagt der 72-Jährige, der seit Jahrzehnten Gast auf CSU-Parteitagen ist. Scharnagl glaubt, dass tatsächlich schon im nächsten Jahr Guttenbergs Stunde in Berlin kommen könnte. „Dort will ich ihn haben“, sagt Scharnagl zu den Spekulationen über eine Ablösung Merkels durch Guttenberg, sollte die Landtagswahl in Baden-Württemberg zur Pleite geraten.
Guttenberg hier, Guttenberg da – so ganz kann auch Seehofer einen stillen Ärger dann doch nicht verbergen. Er hatte die auf dem Parteitag zu beschließende Parteireform mit der Einführung einer Frauenquote als historisch bezeichnet und bekommt nun ausschließlich Fragen zum Hoffnungsträger der Union. „Das ist alles, was die deutsche Politik zur Zeit interessiert, jawoll“, schimpft Seehofer leicht resigniert.