Der Regierung in Baden-Württemberg ist eine Steuersünder-CD angeboten worden, sie lehne den Kauf wegen rechtlicher Zweifel aber ab.
Stuttgart/Berlin. Erneuter Wirbel in Baden-Württemberg über den Ankauf einer Steuersünder-CD . Wie ein Regierungssprecher am Sonntag in Stuttgart mitteilte, bleibe die Regierung bei der Haltung, dass sie den Ankauf für "rechtlich nicht vertretbar" halte. Kritik kommt derweil aus dem Lager der oppositionellen SPD-Fraktion. Nils Schmid, der Vize der SPD-Fraktion, hielt gegen die Bedenken: „Wenn die Landesregierung einen Ankauf erneut aus vorgeschobenen Gründen ablehnt, würde sie die Steuerhinterziehung im Land unterstützen und die ehrlichen Steuerzahler nochmals hintergehen.“
Dem Finanzministerium waren zuvor Daten über deutsche Firmen angeboten worden, die in der Schweiz Steuern hinterzogen haben sollen. Einen entsprechenden Bericht der „Bild am Sonntag“ bestätigte das Stuttgarter Finanzministerium. Finanzminister Willi Stächele (CDU) kündigte eine Prüfung der Daten an. „Wir nehmen das Schreiben ernst und prüfen, ob es legal verfügbare Daten sind, die für Steuerermittlungen verwendet werden können.“ CDU-Fraktionschef Peter Hauk äußerte sich ähnlich, warnte aber: „Das Anbieten von Steuer-CDs darf sich nicht zum Volkssport entwickeln.“
Der Informant soll über Material von 250 Firmen verfügen, die bis zu 800 Millionen Euro am Fiskus vorbeigeschleust haben sollen. Die Unternehmen seien zum großen Teil in der Telekommunikations- und Immobilienbranche in Deutschland tätig. Der baden-württembergischen Landesregierung wurden bereits mehrfach Daten über Steuersünder angeboten.
Daten möglicher Steuerbetrüger haben in den vergangenen Jahren zu zahlreichen Ermittlungsverfahren geführt. Mehrfach wurden deutschen Behörden CD zum Kauf angeboten. Viele, die ihre Millionen am Fiskus vorbei in Steuerparadiesen angelegt hatten, wurden überführt oder gestanden vor Eröffnung eines Verfahrens ihre Betrügereien.
Große Fälle:
Anfang 2006 bot ein ehemaliger Mitarbeiter der Liechtensteiner Bank LGT dem Bundesnachrichtendienst brisante Bankdaten aus dem Fürstentum zum Kauf an. Später erhielt er dafür etwa fünf Millionen Euro. Rund 800 wohlhabende Deutsche gerieten unter Verdacht. Die Daten führten auch zu Ex-Post-Chef Klaus Zumwinkel. Er wurde im Januar 2009 wegen Hinterziehung von knapp einer Million Euro Steuern zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe und einer Geldbuße von einer Million Euro verurteilt. Bis Februar 2010 zahlten deutsche Steuersünder im Zuge dieser Affäre insgesamt fast 200 Millionen Euro an Straf- und Nachzahlungen an den deutschen Staat.
Nach dem Kauf einer Steuersünder-CD mit Daten über Kunden und Mitarbeiter der Schweizer Bank Credit Suisse leitete die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft im März 2010 rund 1100 Ermittlungsverfahren ein. Das Anlagevermögen soll 1,2 Milliarden Euro betragen. Die Zahl der Selbstanzeigen schnellte in die Höhe. Für die Daten sollen die Finanzbehörden in Nordrhein-Westfalen 2,5 Millionen Euro gezahlt haben. Die „Süddeutsche Zeitung“ schätzt, dass in diesem Falle mehr als eine Milliarde Euro in die Staatskassen fließen.
Im Juni 2010 wurde bekannt, dass der Bund nach monatelangem Hin und Her mit Niedersachsen eine CD mit Daten mutmaßlicher deutscher Steuerbetrüger in der Schweiz gekauft hat. Die Finanzbehörden rechnen in diesem Fall mit Mehreinnahmen in zweistelliger Millionenhöhe - bezahlt wurden für die Daten 185 000 Euro. Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums sind auf der CD mehr als 20 000 Datensätze.