Baden-Württemberg wird die Steuersünder-CD nicht kaufen. Der ausschlaggebende Grund seien die rechtlichen Unklarheiten.
Berlin. Im Gegensatz zu Nordrhein-Westfalen lehnt das Land Baden-Württemberg den Kauf von gestohlenen Steuersünderdaten aus der Schweiz definitiv ab. Das Bundesfinanzministerium habe sein Angebot zurückgezogen, die dem Land angebotene Daten möglicherweise zu erwerben, sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) am Samstag in Neulingen bei Pforzheim. „Ich habe deshalb entschieden, dass wir diese CD nicht kaufen werden.“ Er mache nichts, was nicht weitestgehend rechtlich eindeutig ist. Die Kaufentscheidung der schwarz-gelben Regierung in Nordrhein-Westfalen hält Mappus für äußerst fragwürdig.
Angesichts der widersprüchlichen Signale aus den Ländern im Umgang mit Steuersünder-Daten fordert die SPD von der Bundesregierung, den Erwerb zu koordinieren. „Finanzminister (Wolfgang) Schäuble muss diese finanzpolitische Führungsaufgabe wahrnehmen“, sagte SPD- Fraktionsvize Joachim Poß nach Angaben seiner Partei. Schäuble müsse die Länderfinanzminister an einen Tisch bitten und diese auffordern, alle verfügbaren Daten im Interesse des ehrlichen Steuerzahlers zu erwerben.
Am Freitag hatte die Stuttgarter CDU/FDP-Koalition noch erklärt, die Entscheidung über den Erwerb der Daten an den Bund abzugeben. Daraufhin entgegnete aber ein Sprecher Schäubles in Berlin, das zuständige Bundeszentralamt für Steuern könne die Daten höchstens prüfen, aber auf keinen Fall kaufen. „Damit sehe ich keine Notwendigkeit mehr, die Daten dem Bundeszentralamt für Steuern zu übergeben“, sagte Mappus am Samstag. Der Regierungschef erläuterte, er habe am Montag im CDU- Bundespräsidium angekündigt, die Daten aus Rechtsgründen nicht kaufen zu wollen. Am Mittwoch habe es das Angebot aus dem Bundesfinanzministerium gegeben, den Erwerb über das Bundeszentralamt in Bonn abzuwickeln. Er habe dann am Freitag zur Kenntnis nehmen müssen, dass das Bundesfinanzministerium „diese klare Zusage etwas anders in der Zwischenzeit gesehen hat“. Er wolle diese Kehrtwende nicht weiter beurteilen.
Baden-Württembergische Steuerfahnder hatten durch die Daten der Steuerbetrüger Nachzahlungen von bis zu sieben Millionen Euro erwartet. Angeblich geht es um Anlagen mit einem Wert von 280 Millionen Euro. Es sollen 1748 Anleger aus dem gesamten Bundesgebiet betroffen sein. Allein durch die Diskussion über den Kauf der CD hatten sich in den vergangenen Wochen mehr als 1300 reuige Steuersünder im Südwesten selbst angezeigt.
Mappus' Haltung ist in der Südwest-CDU nicht unumstritten. Der Sozialflügel der Partei plädierte für einen Erwerb der Daten. „Wir bleiben bei der Forderung, dass das Land die Steuersünder-CD kaufen sollte“, sagte der Landeschef der Christlich-demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler in Stuttgart. „Wer Steuern hinterzieht, hat keinen Anspruch auf Datenschutz“, sagte Bäumler vor der Mappus-Erklärung in Neulingen.
Der FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms bekräftigte den Widerstand seiner Partei gegen den Ankauf von gestohlenen Steuersünder-Daten. „Es ist grundsätzlich bedenklich, wenn der Staat sich auf die Ebene des Verbrechens begibt“, sagte der FDP- Finanzexperte der „Welt am Sonntag“. Damit mache er sich zum Hehler. Andererseits dürfe die Politik Steuersünder nicht schützen. Schäuble sei besser beraten, mit den Schweizern im Rahmen des fälligen Doppelbesteuerungsabkommens nötige Regelungen auszuhandeln. Die Schweiz habe ohnehin erkannt, dass sie ihr Geschäftsmodell umstellen müsse.