Die beiden größten Krankenkassen Barmer GEK und TK wollen auf Zusatzbeiträge für die Versicherten erst einmal verzichten.
Berlin/Düsseldorf. Die beiden größten Kassen, die Barmer GEK und die Techniker Krankenkasse (TK), wollen auch im kommenden Jahr keine Zusatzbeiträge erheben. „Bis weit ins Jahr 2011 kommen wir ohne Zusatzbeitrag aus“, sagte eine TK-Sprecherin dem „Handelsblatt“. Die Barmer-Vorstandsvorsitzende Birgit Fischer bekräftigte: „Wir planen auch 2011 ohne Zusatzbeitrag.“
Kassenchefin Fischer fügte hinzu, Voraussetzung sei allerdings, dass die Gesundheitsreform nicht aufgeweicht werde und einzelne Leistungsanbieter wie Ärzte oder die Krankenhäuser möglicherweise von den Sparmaßnahmen ausgenommen würden. Der Reformerfolg hänge maßgeblich davon ab, dass sich alle an den Sparanstrengungen beteiligten. Sie forderte die Bundesregierung auf, insbesondere die geplante Honorarbegrenzung bei der hausarztzentrierten Versorgung umzusetzen. Durch die Hausarztverträge allein seien keine Leistungsverbesserungen erkennbar, extreme Honorarsteigerungen hingegen schon, erklärte Fischer weiter.
Der Vorstandschef der AOK Rheinland-Hamburg, Wilfried Jacobs, erwartet ebenfalls, dass „wir ohne Zusatzbeitrag aus dem Jahr 2011 herauskommen“. Vor dem 1. Juli des kommenden Jahres sei dies ohnehin kein Thema. Es werde höchste Zeit, dass die Politik für eine klare Finanzierung der Kassen sorge.
Das Gesundheitsministerium will für säumige Zahler von Zusatzbeiträgen künftig Strafzahlungen anordnen. Das Ministerium bestätigte, dass dies Teil eines ersten Konzepts zur Umsetzung der Gesundheitsreform sei. Der Säumniszuschlag soll erhoben werden, wenn Versicherte mehr als sechs Monate einen Zusatzbeitrag ihrer Krankenkasse nicht gezahlt haben. Ein Sozialausgleich soll dafür sorgen, dass diejenigen ausgenommen werden, die den Zusatzbeitrag nicht zahlen können. Geplant sei, den Säumniszuschlag über die Arbeitgeber einzuziehen.
Gesetzlich Krankenversicherte sollten nach Ansicht von Kassenärztechef Andreas Köhler besser über die Behandlungskosten aufgeklärt werden. Dazu sollten Ärzte öfter Patientenquittungen ausstellen, sagte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. „Die Quittung schafft ein Kostenbewusstsein beim Patienten.“ Die Patienten würden besser erkennen, wie preisgünstig die ambulante Versorgung in der haus- oder fachärztlichen Praxis etwa im Vergleich zum Restaurantbesuch sei.
Dem Bericht zufolge nutzen nach einer repräsentativen Umfrage der KBV nur 2 Prozent der Patienten die seit 2004 bestehende Möglichkeit, sich eine Patientenquittung ausstellen zu lassen. 80 Prozent der Befragten hätten gar nicht gewusst, dass es eine solche Möglichkeit gebe.
Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) rechnet trotz Widerständen bei der CSU mit breiter Zustimmung für seine umstrittene Gesundheitsreform. An diesem Montag nehmen die Koalitionsfraktionen nach Angaben von Rösler ihre Beratungen über den Gesetzentwurf auf. „Wir haben jetzt einen klaren Auftrag, die Frage Sozialausgleich und Zusatzbeiträge gesetzgeberisch umzusetzen“, sagte Rösler im „Deutschlandfunk“. Die vor der Sommerpause vorgestellten Eckpunkte würden nun technisch und juristisch umgesetzt.
Rösler rechnet nicht mit grundsätzlichen Änderungen: „Aber natürlich steckt der Teufel im Detail und es lohnt sich, eben sauber und solide sich diesen Gesetzentwurf gemeinsam anzusehen.“ Auf die Frage, ob er mit weiterem CSU-Störfeuer aus Bayern gegen die höheren Zusatzbeiträge rechne, sagte Rösler: „Also, das denke ich nicht.“
Der Minister betonte, dass die Krankenversicherten im nächsten Jahr nicht durch höhere Zusatzbeiträge belastet werden sollen. „All die Maßnahmen, die wir ergreifen, auch die Einsparungen bei Ärzten, Zahnärzten, Apothekern und Krankenhäusern, sollen ja eben verhindern, dass wir ein großes Milliardendefizit im nächsten Jahr haben.“