Die Union fordert ein Ende der Attacken auf den Bundespräsidenten. Es gibt scharfe Kontroverse zwischen den Parteien.
Berlin. In der Affäre um Bundespräsident Christian Wulff nimmt der Ton zwischen den Parteien an Schärfe zu. Wulff ist mit seinem Fernsehinterview aus Sicht der Opposition kein Befreiungsschlag gelungen. Führende Unionspolitiker forderten hingegen am Donnerstag ein Ende der Angriffe auf das Staatsoberhaupt.
SPD-Vize Manuela Schwesig zeigte sich enttäuscht vom Auftritt Wulffs bei ARD und ZDF am Mittwochabend. Viele Fragen seien offen geblieben, sagte die SPD-Politikerin dem Sender NDR 1 Radio MV. Sie habe insgesamt den Eindruck, dass Wulff nicht mehr souverän mit der Situation umgehen könne und sich teilweise selbst als Opfer darstelle. Gebraucht würde ein starker Bundespräsident, der eine starke moralische Instanz sei und der auch mal «der Politik den Kopf wäscht». Wie wolle Wulff das alles tun, «wenn er selbst so im Fegefeuer steht», sagte Schwesig dem Sender.
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte in der ARD, Wulff habe die Beschädigung des Amtes nicht aus der Welt geschafft. Der SPD-Innenexperte Sebastian Edathy warf Wulff «Selbstgerechtigkeit» vor. Der Präsident stelle sich als Opfer dar. Viele Fragen seien noch offen.
Von CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe kam scharfer Widerspruch. Die Opposition treibe ein «schäbiges Spiel» und versuche, die Debatte künstlich zu verlängern, sagte Gröhe der Nachrichtenagentur dapd. Das Interview von Wulff sei «überzeugend und vor allem menschlich nachvollziehbar» gewesen. Der Präsident habe Fehler eingeräumt und sich entschuldigt. Gröhe appellierte an die Opposition, ihre Angriffe auf Wulff «schleunigst» einzustellen. Zugleich räumte Gröhe ein, dass die Zurückgewinnung von Vertrauen bei den Bürgern ein «längerer Prozess» sein werde.
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CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sagte dem Nachrichtensender N24, Wulff habe viel zur Aufklärung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe getan. «Und diese Erklärung hilft auch, dass er Vertrauen zurückgewinnt in der Bevölkerung», betonte Dobrindt. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Freitagausgabe), die Entschuldigung von Wulff sollte nun akzeptiert werden. Kauder kritisierte allerdings das Krisenmanagement von Wulff. Dieser hätte besser sofort «reinen Tisch» machen sollen.
SPD-Generalsekretärin Nahles machte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für den entstandenen politischen Schaden verantwortlich. Sie habe sich damals für den Parteipolitiker Wulff und gegen Joachim Gauck entschieden. Gröhe nannte den Vorwurf «albern». Damit leiste man der Politikverdrossenheit Vorschub. Im Übrigen habe die SPD bei eigener Mehrheit in der Bundesversammlung Parteipolitiker wie Johannes Rau als Bundespräsidenten vorgeschlagen, die ihre Arbeit gut gemacht hätten.
(dapd)