Die schwarz-gelbe Koalition plant den Abbau von 10.000 Beamtenstellen, die Kürzung des Elterngelds und deutlichen Subventionsabbau.

Berlin. Als die Kabinettsmitglieder Sonntagnachmittag bei Angela Merkel im Kanzleramt zur großen Sparklausur eintrafen, da dürfte allen Beteiligten die Bedeutung der Veranstaltung klar gewesen sein. Von der Tagung, deren Ergebnisse heute präsentiert werden sollen, hing nach Lesart politischer Beobachter jedenfalls mehr ab als die Frage, ob sich die Regierung am Ende tatsächlich auf das nötige Sparprogramm in Höhe von bis zu zehn Milliarden Euro pro Jahr würde einigen können.

Diese Klausur in Zeiten von Koalitionskrise und allgemeiner Krisenstimmung, so hieß es, müsse das Signal aussenden, dass diese Regierung trotz aller Verwerfungen noch handlungsfähig sei - und gemeinschaftlich die Kraft aufbringen könne, die Zukunft des Landes aktiv zu gestalten.

Die Kanzlerin und ihr Vize, Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP), unterstrichen gestern vor Beginn der Gespräche denn auch selbst die besondere Bedeutung der Ministerrunde, die bis in die Abendstunden tagen und heute fortgesetzt werden sollte. "Diese Kabinettsklausur wird wichtige Weichen stellen für die Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland in den nächsten Jahren", sagte Merkel - und ergänzte: "Jetzt wird die Handschrift der Koalition sichtbar." "Das muss aus unserer Sicht auch jetzt der Politikwechsel sein", bekräftigte auch der Liberale. Tatsächlich wurden gestern drastische Ausgabenkürzungen diskutiert, die in bestimmten Punkten eine Abkehr vom Kurs der früheren großen Koalition markieren. Die Vorarbeiten dafür hatte eine sechsköpfige Arbeitsgruppe der Koalition erledigt, deren siebenseitiges Papier "Die Grundpfeiler unserer Zukunft stärken - Acht Punkte zur Sicherstellung der Handlungsfähigkeit von Bund, Ländern und Kommunen" dem Hamburger Abendblatt vorliegt. Die wichtigsten Punkte:

Stellenabbau

Die Zahl der Bundesbeamten soll weiter reduziert werden. Die Koalitionäre planen, bis zum Jahr 2014 mehr als 10 000 Stellen dauerhaft abzubauen. "Die grundsätzliche Funktionsfähigkeit der Verwaltung wird durch diese Maßnahme nicht infrage gestellt", heißt es in dem Papier - vielmehr passe man damit lediglich den öffentlichen Dienst an die demografische Entwicklung an.

Sparvolumen

Die Ausgaben des Bundeshaushalts sollen mittelfristig pauschal um bis zu 3,6 Milliarden Euro pro Jahr nach unten geschraubt werden - jedes Ministerium muss einen Beitrag leisten. Die geplante Weihnachtsgelderhöhung für Beamte im kommenden Jahr droht auszufallen - die Bezüge würden dadurch faktisch um 2,5 Prozent abgesenkt.

Sozialleistungen

Erwogen werden Einschnitte bei den Sozialleistungen, da eine "nachhaltige Rückführung der staatlichen Defizite nur gelingen kann, wenn auch dieser Bereich einen fairen Beitrag leistet", wie es in dem Papier heißt. Familien müssen sich demnach auf Einschnitte beim Elterngeld gefasst machen: Diskutiert wird eine Absenkung der maximalen Bemessungsgrundlage von zurzeit 2700 Euro pro Monat auf 1800 Euro. Das Elterngeld für Hartz-IV-Empfänger in Höhe von 300 Euro soll entfallen.

Auch bei der Vergabe von Arbeitslosen-Leistungen sind Veränderungen im Gespräch. Die Bundesagentur für Arbeit soll mehr Handlungsspielraum bekommen, Pflichtleistungen in Ermessensleistungen umgewandelt werden und der Rentenversicherungsbeitrag für Hartz-IV-Empfänger fallen. Gestrichen werden dürfte demnach der Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger ebenso wie die Wohnungsbauprämie in Höhe von 45 bzw. 90 Euro pro Jahr für Ehegatten. Das sei "vor dem Hintergrund eines historisch niedrigen Zinsniveaus" nicht mehr ausschlaggebend für die Eigenheimfinanzierung.

Steuern

Stromerzeuger müssen sich als Ausgleich für längere AKW-Laufzeiten auf eine neue Steuer auf Brennelemente gefasst machen. In der Koalition wird dazu angemerkt, dass die Strompreise zuletzt deutlich gestiegen seien, die Stromproduktionskosten hingegen nicht. Zudem kämen auf den Bund erhebliche Kosten durch die Stilllegung und den Rückbau alter kerntechnischer Anlagen zu.

Von der neuen Steuer versprechen sich die Koalitionäre zusätzliche Einnahmen in Höhe von 2,3 Milliarden Euro pro Jahr. Zudem sollen alle Finanzhilfen und Steuervergünstigungen in Höhe von derzeit 24 Milliarden Euro auf den Prüfstand kommen. "Kritisch beleuchten" will Schwarz-Gelb in diesem Zusammenhang auch Ausnahmeregelungen bei der Ökosteuer, die zu Mitnahmeeffekten geführt hätten.

Bundeswehr

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) soll bis September prüfen, welche Folgen eine deutliche Reduzierung der Streitkräfte um bis zu 40 000 Berufs- und Zeitsoldaten für Deutschlands Verteidigungsfähigkeit hätte. Von der vom Minister ins Spiel gebrachten möglichen totalen Abschaffung der Wehrpflicht will man demzufolge offenbar nichts mehr wissen - es könnte bei der Verkürzung auf sechs Monate bleiben.

Bildung

Trotz Kritik aus den eigenen Reihen könnte der Haushalt von Wissenschaftsministerin Annette Schavan (CDU) am Ende wie vorgesehen verschont bleiben. Bis 2013 sollen sogar 12 Milliarden Euro zusätzlich bereitgestellt werden. Das sichere Deutschlands Wohlstand und Arbeitsplätze.