Rückschlag für Rösler: Auf Druck der Koalition muss der Gesundheitsminister sein Prämien-Modell überarbeiten. Die SPD nennt ihn dilettantisch.
Immer wieder hatte die CSU gegen das von Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) vorgelegte Prämien-Modell gewettert – mit Erfolg. Die schwarz-gelbe Koalition hat es vorerst gestoppt und will nun bis zur Sommerpause ein neues Konzept erarbeiten.
Zunächst sollten die Fachpolitiker auf Druck der Parteichefs von CDU, CSU und FDP nun Einsparmöglichkeiten ausloten, verlautete am Donnerstagabend aus Koalitionskreisen in Berlin. Ziel sei es, so vier Milliarden Euro im System zusammenzubringen, um das erwartete Defizit von elf Milliarden Euro zu decken, teilte ein Ministeriums-Sprecher nach einem Krisentreffen der Fachpolitiker mit Rösler mit. Anders als von dem FDP-Politiker vorgeschlagen, sollen die Arbeitgeberbeiträge nicht angehoben werden. Rösler hatte vorgeschlagen, diese von 7,0 auf 7,3 Prozent zu erhöhen und dann festzuschreiben.
Damit ist die von Rösler geplante Kopfpauschale von durchschnittlich 30 Euro vom Tisch. Einen einkommensunabhängigen Arbeitnehmerbeitrag solle es aber weiterhin geben, um den verbleibenden Fehlbetrag der Krankenversicherung zu decken, sagte ein Ministeriums-Sprecher. Dazu sollen nach Angaben aus Koalitionskreisen die Zusatzbeiträge, die Arbeitnehmer schon jetzt bei einzelnen Kassen zahlen müssen, weiterentwickelt werden. Nach Lesart der CSU ist die Prämie damit tot.
Der Ministeriums-Sprecher betonte zudem, der vom Einkommen unabhängige Beitrag der Beschäftigten solle wie geplant sozial ausgeglichen werden. Dafür werde es zu den ohnehin für nächstes Jahr vorgesehenen Bundesmitteln von 13,3 Milliarden Euro weitere zwei Milliarden Euro aus dem Haushalt geben, die Finanzminister Wolfgang Schäuble locker machen wolle. Rösler hatte als Ausgleich zwischen Gut- und Geringverdienern, die sich eine Prämie nicht ohne weiteres leisten können, gestaffelte Beitragssätze angeregt. Der Höchstsatz sollte für Arbeitnehmer mit 7,3 Prozent unter dem heutigen Satz von 7,9 Prozent liegen. Ob es bei dieser Form des Sozialausgleichs bleibt, ist unklar. Röslers Sprecher betonte allerdings, die Beitragsstaffelung bleibe im Gespräch. Weiter hieß es aus der Koalition, bei den Einsparungen solle auch über Nullrunden für Ärzte und Krankenhäuser gesprochen werden.
Der Kursschwenk kam aufgrund einer Verabredung der Parteichefs von CDU, CSU und FDP zustande, die den Fachpolitikern als Grundlage für die Beratungen ein neues Eckpunktepapier unterbreitet hatten. „Vorrangig vor Einnahmesteigerungen prüfen wir, über strukturelle Änderungen den Anstieg der Kosten zu begrenzen. Dabei werden wir alle Bereiche prüfen“, heißt es in dem Reuters vorliegenden Papier. Der Arbeitgeberbeitrag solle festgeschrieben werden, um die Lohnkosten von den steigenden Gesundheitskosten zu entkoppeln. Das neue Konzept soll Rösler gemeinsam mit CDU, CSU und FDP erarbeiten.
„Wir müssen jetzt nach vorne blicken“, sagte Unions-Fraktionsvize Johannes Singhammer zu Reuters. Die Versicherten könnten sicher sein, dass das nächste Jahr ohne ein Defizit in der gesetzlichen Krankenversicherung beginnen werde. Röslers Konzept hatte in den vergangenen Tagen einen Proteststurm ausgelöst. Die CSU hatte betont, sie werde es nicht mittragen. Sie hatte die zusätzlichen Belastungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer beklagt und auf Einsparungen gepocht. Zudem lehnt die Partei Kopfpauschalen grundsätzlich ab. Auch Gewerkschaften, Sozialverbände und Opposition bezeichneten die Pläne als ungerecht. Auch die Arbeitgeber hatten wegen der geplanten höheren Beiträge protestiert.
Als Konsequenz aus dem Stopp seines Prämien-Modells forderte die SPD Rösler auf zurückzutreten. Es sei dilettantisch, einen unabgestimmten Vorschlag in die Öffentlichkeit zu bringen, der von den Koalitionsfraktionen nun wieder eingefangen sei, sagte SPD-Fraktionsvize Elke Ferner am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters. Ferner sagte, die Gesundheitspolitik sei bei Rösler in schlechten Händen. Anstatt wichtige Dinge anzugehen, habe er mit der Kopfpauschale eine fixe Idee verfolgt und renne damit zum x-ten Mal gegen die gleiche Wand. „Wenn er nicht weiß, wie man ein Rücktrittsgesuch schreibt, kann er sich bei der CDU informieren.“ Rösler habe mit der Prämie schließlich sein politisches Schicksal verknüpft.