Der Bundesrat berät heute über höhere Beamtenbezüge. Der Bund der Steuerzahler reagiert empört auf die Debatte um höhere Gehälter.
Hamburg. Entfernt erinnert diese Situation an den Moment im Gottesdienst, in dem die Kollekte eingesammelt wird: Nach und nach werfen die Bundesminister der Kanzlerin Angela Merkel ihre Sparvorschläge in das Spendenkörbchen. Auch Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) hat nun seinen Obolus entrichtet und eine Brennelemente-Steuer für Atomkraftwerke vorgeschlagen. Das sei "ein Instrument, das denkbar ist", sagte Brüderle im ZDF-Morgenmagazin. Auch Subventionen für Steinkohle und "zweifelhafte Rüstungsprojekte" der Bundeswehr sollten gekürzt werden. "Unser Ziel ist nicht Steuererhöhung, unser Ziel ist Ausgabenkürzung", sagte Brüderle.
Der Präsident des Wirtschaftsrates der CDU, Kurt Lauk, forderte im Hamburger Abendblatt, die Förderung von erneuerbaren Energien zu überprüfen: "Allein 100 Milliarden Euro könnten eingespart werden, wenn die erneuerbaren Energien dort in Europa eingesetzt würden, wo dies am sinnvollsten ist." Einige Technologien seien viel zu teuer: "Wir können es uns nicht länger leisten, wie in der Fotovoltaikindustrie Arbeitsplätze dauerhaft mit 228 300 Euro zu subventionieren", sagte Lauk.
Doch bei aller Sparsamkeit gibt es in der Bundesregierung offenbar eine heilige Kuh: die Gehälter im Regierungsapparat. Während zahlreiche europäische Staaten massiv bei ihren Beamten kürzen, versucht die Bundesregierung derzeit, still und leise eine Gehaltserhöhung für ihre 313 000 Beamten, Richter und Berufssoldaten durchs Parlament zu schleusen. So ging kürzlich im Bundesrat ein Gesetzentwurf aus dem Bundeskanzleramt ein, der eine "Anpassung" der Bundesbesoldung vorsieht. Heute soll der Bundesrat dazu beraten.
So plant das Bundeskabinett, die Dienst- und Versorgungsbezüge ab Januar 2010 rückwirkend um 1,2 Prozent steigen zu lassen. Ab 2011 gibt es nochmals 0,6 Prozent sowie eine Einmalzahlung von 240 Euro. Ein Jahr darauf steigen die Bezüge um weitere 0,3 Prozent. Allein für dieses und die kommenden zwei Haushaltsjahre kostet das zusammen zusätzlich 949 Millionen Euro. Dazu kommen 64 Millionen Euro, die in dieser Zeit in die Versorgungsrücklage des Bundes fließen.
Damit sollen die Gehälter der Beamten an die im Februar ausgehandelten Tarifabschlüsse der im öffentlichen Dienst Beschäftigten angepasst werden. Im federführenden Bundesinnenministerium sieht man keinen Grund zur Aufregung: "Diese Anpassung entspricht einer langjährigen Praxis", teilte ein Sprecher auf Anfrage mit. Auf der Kabinettssitzung werde die Gehaltsanpassung kein Thema sein: "Der Gesetzentwurf liegt ja nun im Parlament."
Auch der Bundesvorsitzende des Deutschen Beamtenbundes, Peter Heesen, sieht keinen Verhandlungsbedarf. Die Übertragung der Tarife auf die Beamten sei "bewährte und gerechte Praxis", sagte Heesen dem Hamburger Abendblatt. "Insofern steht in diesem Punkt nichts zur Disposition."
Zwar bezieht sich die Besoldungsanpassung auf die Beamten und Staatssekretäre, doch profitieren indirekt auch die Bundesminister und die Bundeskanzlerin selbst davon. Denn deren Bezüge sind über das Bundesministergesetz an die Besoldung der Bundesbeamten gekoppelt. Seit acht Jahren hat die Regierung diese Koppelung ausgesetzt, doch ausgerechnet jetzt will man sich anscheinend wieder etwas gönnen.
So steigt das Monatsgehalt der Bundeskanzlerin um 334 Euro auf 16 167 Euro, das ihrer Minister um 271 auf 13 131 Euro. Aufwandsentschädigungen und die reduzierten Diäten für parallel ausgeübte Abgeordnetenmandate sind darin noch nicht enthalten.
Der Bund der Steuerzahler reagierte empört auf die angekündigte Erhöhung. "Es wäre ein fatales Signal, wenn sich die Regierungsvertreter ihre Gehälter erhöhen", sagte Bundesgeschäftsführer Reiner Holznagel dem Abendblatt. Die Regierung müsse die Erhöhung zurücknehmen: "Wenn die Bundesregierung Einsparungen vornehmen möchte, muss sie mit bestem Beispiel vorangehen." Auch für die Beamten und Pensionäre forderte Holznagel eine Nullrunde.
Auch Josef Schlarmann, der Vorsitzende der CDU-Mittelstandsvereinigung, nennt den Zuschlag "das völlig falsche Signal in diesen Tagen. Wer für Sonntag eine große Sparklausur terminiert und am Freitag davor eine Gehaltserhöhung für Beamte mit weit erheblichen finanziellen Folgen für den Bund beschließen will, der nimmt nicht wirklich ernst, was er selber proklamiert."
Nach Ansicht Schlarmanns wird durch die Erhöhung das ganze Sparvorhaben der Regierung konterkariert. "Das ist im Sinne der Generationengerechtigkeit unverantwortlich und widerspricht auch den goldenen Regeln, die im Koalitionsvertrag festgehalten werden."